Eigentlich macht es keinen Unterschied, ob ich auf der Klobrille sitze oder direkt in die Dusche pinkle. Drunter stellen und laufen lassen. Ein befriedigenderes Gefühl gibt es für mich kaum. Wenn ich spüre, wie warmer Urin an meinen Beinen entlang hinunter in den Abfluss läuft. Die meisten Menschen, die ich kenne, mit denen ich schon mal über meine Pinkelgewohnheiten gesprochen habe, verstehen das sehr gut. Wasser – und damit meine ich nicht nur die verkalkte Brause – laufen lassen, entspannt ausatmen und kein trockenes Klopapier, das mir die Poritze aufreißt. Aber es gibt auch Ausnahmen von dieser Regel. Ich glaube, besonders in Wohngemeinschaften ist Urinieren unter der Dusche häufig ein Tabu. Weshalb ich zuhause auch nicht so offen darüber rede wie mit meinen Freund:innen oder hier mit dir. Gegner:innen sprechen von unhygienischen Zuständen, bedenken aber nicht, dass dies auch Vorteile mit sich zieht. Zumal Urin im Wesentlichen aus Wasser und Salzen besteht und vermutlich die sterilste Flüssigkeit des menschlichen Körpers ist. Aber wie bekommt man Menschen, die feuchtfröhlichem Pinkeln in der Dusche gegenüber eine Abneigung verspüren, künftig dazu, diese Praktik zu akzeptieren?

1. Pinkeln beim Duschen ist gut für die Umwelt

Es gibt wirklich gute Gründe, die dafür sprechen, den Anti-Dusch-Pinkler:innen zu sagen, dass sie dich mal kreuzweise können. Zum Beispiel dieser hier: Wenn man unter der Dusche steht, läuft das Wasser ohnehin und der Urin wird direkt mit weggespült. Das ist nicht nur super für die Umwelt, sondern auch für den Geldbeutel. Durch regelmäßiges Urinieren in der Dusche kann man so bis zu vierzehn Liter pro Toilettenspülung sparen. Du denkst, das rentiert sich nicht? Dann erzähl doch mal, wie oft du am Tag auf dem Klo sitzt – bei einem Preis von 0,2 Cent pro Liter.

2. Auch was für Sauberkeitsfanatiker:innen

Wenn man bedenkt, dass man sich mit dem bereits laufenden Wasser auch gleich untenrum säubern kann und nicht den Keimen ausgesetzt ist, die sich auf der Toilette tummeln, kann man kaum zu einer anderen Schlussfolgerung kommen als der: Duschpinkler:innen sind mehr als ausreichend hygienisch unterwegs (und sehr zeitsparend und gar nicht eklig). Klar, man stellt sich dabei immer rotzende Assis vor und deshalb wirkt die Sache vielleicht nicht unbedingt so attraktiv – obwohl man sich schon eingestehen muss, dass der Intimbereich auf diese Weise viel angenehmer gesäubert wird als mit Klopapier und Co. Und wer dann immer noch behauptet, dass man danach nicht sauber sei, könnte mit folgender Frage entledigt werden: Seifst du dich etwa nicht unter der Dusche ein? Achso, das machst du. Alles klar, dann ist ja alles gut, dann bleibt der Urin ja auch nicht auf deiner Haut haften.

3. Das gute, alte Hausmittel

Harnstoff, welcher im Urin enthalten ist, pflegt unsere Haut auf natürliche Weise. Menschen, die unter Schuppenflechte, Ekzemen oder mit sonstigen trockenen Stellen zu kämpfen haben, können bedenkenlos in die Dusche strullen. Denn dieser wirkt pflegend auf der Haut. Aber nicht nur das, Harn hilft auch gegen Fußpilz, Warzen oder Hühneraugen. Tatsächlich gibt es sogar Pflegeprodukte, die künstlich hergestelltes Urea enthalten.

4. Fuck you, Libidoverlust!

Duschpinklerinnen profitieren besonders. Durch das Pinkeln in der Hocke kann die Beckenbodenmuskulatur trainiert werden. Dadurch wird die Blutzirkulation angeregt, was wiederum heiß auf Sex macht und den Höhepunkt steigert.

5. Endlich mal im Stehen

Liebe Menschen – und ich spreche hier von jenen, die keine Urinspritzer unter der Dusche loslassen möchten – was zur Hölle geht in euren Köpfen vor? Dies ist vermutlich die einzig gepflegte Methode für Frauen, im Stehen bzw. Hocken zu pinkeln. Wollt ihr das nicht für euch nutzen?

6. Small Talk

Sicherlich: Es gibt Themen, die mehr Anklang in unserer Gesellschaft erhalten. Doch als jemand, die irgendwas mit Medien macht, würde ich es als besonders erfrischend empfinden, wenn man mir mit Offenheit gegenüber meiner, aber auch der eigenen Toilettenkultur entgegentritt. Selbst dann, wenn die Meinung eine andere ist, als ich sie vertrete und die Unterhaltung von Scham behaftet ist, würde dies einen großen Vorteil mit sich ziehen. Es mag komisch klingen, aber auch im Jahr 2021 tritt man Duschpinkler:innen noch mit hochgezogenen Augenbrauen gegenüber. Zumindest dann, wenn man sich selbst nicht eingestehen möchte, dass doch eigentlich nichts dabei ist.

Foto © Sofia

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

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