1-Zimmer-Wohnung, 30 Quadratmeter, außerhalb des Rings: ungefähr 850 Euro kalt. Nein, das ist nicht der Beginn einer Gruselgeschichte. Es ist die Realität in den meisten Großstädten – wie zum Beispiel in Berlin. Als ich vor zwei Jahren den Entschluss fasste in die Hauptstadt zu ziehen, wusste ich, dass es schwierig bis unmöglich sein wird, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Aber ich hatte Hoffnung. Nachdem ich einen ersten Blick auf die üblichen Vermietungsseiten warf, stellte ich schnell fest, dass ich mein angepeiltes Budget um ein paar Hundert Euro erhöhen muss. Ich fand eine Wohnung. 2 Zimmer, 50 Quadratmeter, etwas außerhalb des Rings für 660 Euro (weitere Erkenntnis: das ist noch günstig). Da ich nicht alleine wohne, konnte das alles gut gewuppt werden. Trotzdem freuten sich mein Freund und ich natürlich, als der Mietendeckel vorgestellt wurde. 

Was war das Ziel des Mietendeckels?
Der Mietendeckel beinhaltete das Einfrieren der Mieten zum 18.06.2019. Bei allen Mietverträgen, die nach dem Stichtag abgeschlossen wurden, durfte die höchste bisherige Miete oder die niedrigere Mietobergrenze verlangt werden. Das galt jedoch erst neun Monate nach der Verkündung des Gesetzes, am 23.11.2020. Mieten, die mehr als 20 Prozent über der Mietobergrenze lagen, waren zu hoch. Allerdings mussten hier die Lage und sogenannte wohnwerterhöhende Merkmale berücksichtigt werden. Bei bestimmten Modernisierungsmaßnahmen durfte dann bis zu 1 Euro pro Quadratmeter mehr gefordert werden. Weitere Ausnahmen waren: Wohnungen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, selbst genutzte Wohnungen, Wohnungen in Wohnheimen, neu errichtete Wohnungen, die seit dem 01.01.2014 erstmals bezugsfertig waren und ehemals dauerhaft unbewohnbare und unbewohnte Wohnungen, die nach dem 01.01.2014 mit einem Neubau entsprechenden Aufwand für Wohnzwecke wiederhergestellt worden sind. Bei diesen Wohnungen konnte der Mietendeckel nicht angewandt werden. 

Die 50 Quadratmeter meines Freundes und mir entsprachen glücklicherweise allen Anforderungen. Wir bekamen einen Brief unserer Vermietung und zahlten ab dem 23. November 2020 knapp 140 Euro weniger. Die Freude war allerdings nur von kurzer Dauer. Nachdem im Mai 2020 insgesamt 284 Bundestagsabgeordnete von FDP und CDU/CSU eine Antrag auf abstrakte Normenkontrolle gegen den Mietendeckel beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichten, entschied dieses am 15. April, dass der Mietendeckel sich nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt und dadurch nichtig ist. Grundlage für die Entscheidung ist, dass der Bund abschließend das Mietpreisrecht regelt und nicht die einzelnen Länder. 

Und nun?
Auf Berliner Mieter:innen können saftige Rückzahlungen zukommen. Während Vonovia, eines der größten Vermietungsunternehmen, ankündigte auf die Zahlungen zu verzichten, gab die Deutsche Wohnen bereits kund, dass sie das Geld einfordern werden. Natürlich habe ich das Glück über die Deutsche Wohnen zu mieten und muss nun knapp 700 Euro zurückzahlen. Der Berliner Senat hat sich für den Fall einer Nachzahlung auf eine Unterstützung der Mieter:innen Berlins verständigt. Personen oder Haushalte, deren Einkommen bis zu 280 Prozent der Bundeseinkommensgrenze beträgt, können einen Antrag auf Zuschuss stellen. Dieser muss allerdings auch wieder zurückgezahlt werden. Für uns war es glücklicherweise möglich, das Geld zu sparen und zur Not weiß ich, dass unsere Eltern aushelfen können. Das ist aber nicht die Regel – vor allem während einer weltweiten Pandemie in der viele Leute ihre Jobs verloren. Dabei möchte ich auch noch ergänzen, dass unsere 140 Euro Differenz pro Monat, Peanuts im Vergleich zu anderen Wohnungen sind. Es gibt auch Fälle, wo mehrere Tausend Euro nachgezahlt werden müssen.

Der Wohnungsmarkt bleibt weiterhin extrem angespannt. Es stimmt zwar, dass wieder mehr Wohnungen angeboten werden, allerdings sind diese kaum bezahlbar. Es bringt den Mieter:innen nichts, dass sie 50 Wohnungsvorschläge auf Immoscout24 haben, wenn sie sich keine einzige Wohnung davon leisten können. Daher müssen bundesweite Lösungen her, denn auch in andere Städten steigen die Mieten ohne ersichtliches Ende. Es kann auch nicht sein, dass finanziell schwächer aufgestellte Personen an die Stadtgrenzen verdrängt und somit vom gesellschaftlichen Leben mehr und mehr ausgeschlossen werden. Ein Schul- oder Arbeitsweg von über einer Stunde sollte auch eher Ausnahme und nicht die Regel sein! Letztendlich ist Wohnraum etwas, worauf wir alle angewiesen sind und darf nicht etwas sein sein, was sich die Wenigsten leisten können.

Dieser Text erschien zuerst auf DIEVERPEILTE.
Illustration: Marius Korn

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Seit 2020 Redakteurin bei DIEVERPEILTE. Hat Kommunikationswissenschaften studiert und machte 2022 ihren Master in Journalismus. Themenschwerpunkte sind Gesellschaftspolitik, Mental Health und Musik.

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