Was ist eigentlich auf den Ebay-Kleinanzeigen los? Gestern Nachmittag erstellte ich erneut ein Inserat unter dem Vorwand, ich wäre auf der Suche nach einen Nebenjob, da in Zeiten von Corona das Geld immer knapper wird. Innerhalb der nächsten 45 Minuten ging die Post ab. 55 Anfragen von Männern, die sich unanständige Dinge mit mir wünschten. Der Großteil der Männer fragte mich direkt, ob ich mir Sex mit ihnen gegen Bezahlung vorstellen könne. Anfragen wie »Kann man dich auch treffen?«, »Hallo Sofia, ich würde dich gerne in dieser schwierigen Zeit finanziell unterstützen. Ich bin ein diskreter Arzt, Mitte 50. Wenn du magst, schick mir deine Telefonnummer«, »Sind Treffen für gute Bezahlung auch was für dich?«, »Ich bin auf der Suche nach einer niveauvollen Affäre. Das wäre mir monatlich 2500 Euro wert, reizt dich so was?«, »300 Euro für zwei Stunden im Hotel?«, »Interesse daran, dir mit Geschlechtsverkehr Geld zu verdienen?«, um nur einige zu nennen. Neben Sexanfragen, erhielt ich auch einige Nachrichten von sogenannten Hobbyfotografen, die mich einfach nackt sehen wollen. »Besteht die Möglichkeit, an sehr freizügigen, privaten Fotoshootings?«, »Ich möchte dich fragen, ob du nicht vielleicht auch ein Portraitshooting in Betracht käme. Selbstverständlich absolut seriös und fair honoriert. Meiner Meinung nach solltest du das mit dem Shooting zumindest einmal versuchen!« oder »Wäre es möglich, Fotos von dir zu kaufen?«. Dabei schrieben mir einige von ihnen zusätzlich, dass diese Fotos nicht veröffentlicht werden, sondern ausschließlich für private Zwecke sind. Was wollen die Männer denn mit so freizügigen Fotos von mir? Zusätzlich bekam ich noch Nachrichten, in denen sich Männer als Frauen ausgaben, um an ihr Ziel zu kommen. Beispielsweise als Steffi, Jenny oder Samantha.
Der Großteil von ihnen wollte direkt auf WhatsApp switchen, andere bevorzugten Snapchat. Einen Mann konnte ich überzeugen, dass wir unser Gespräch auf Zoom fortsetzen. Er schrieb mich auf mein Inserat in den Ebay-Kleinanzeigen an, um sich mit mir in seinem Auto für bezahlten Sex treffen. Dafür wollte er mir 100 bis 200 Euro zahlen. Da ich wissen wollte, wer hinter solchen Anfragen steckt, spielte ich das Spiel mit. Dabei ließ ich mich von einem Freund filmen.
Es ist das erste Mal, dass ich mich auf so ein Gespräch einlasse. Die Nervosität ist nur schwer zu verstecken. Trotz allem versuche ich, einen kühlen Kopf zu bewahren. Ich klicke auf Absenden, schon ist die Einladung zu meinem Zoom-Meeting an einen fremden Mann unterwegs. Fragezeichen machen sich in meinem Kopf breit. Wen habe ich da gleich vor mir? Und als die Meldung kommt, dass ein neuer Teilnehmer meinem Meeting beitreten möchte, fällt es mir schwer, klar zu denken. Ich klicke auf „Annehmen“ und nach wenigen Sekunden erscheint ein lächelndes Gesicht vor mir. Es ist alles andere als leicht, sein Lächeln zu erwidern. Ich fühle mich wie ein Stück Fleisch, das über die Theke gereicht wird, als er sich über seine Lippen leckt, während er mich mit seinem Blick auffrisst. Sein Ton ist zu Beginn noch deaktiviert, so bleibt mir genug Zeit, mich an die Situation zu gewöhnen. Als ich seine Stimme höre, fühlt es sich zunächst wie eine normale Unterhaltung an. Er wirkt nicht gefährlich auf mich, vielmehr wie jemand, der sich meine Nähe wünscht. Doch als ich ihn frage, was er sich denn eigentlich mit mir vorstellt, ändert sich meine Ansicht. Er schaut mich an, kratzt sich dabei am Kopf und grinst frech, als er sagt: „Ja, so ein Sexdate halt“. Als ich ihn daraufhin anspreche, dass er mir dafür 100 Euro zahlen möchte, antwortet er nur mit einem „Warum denn nicht?“. Ich gebe weiterhin vor, Interesse zu haben, und versuche, neugierig rüber zu kommen. Doch auf meine Fragen, wie das denn genau aussehen soll, antwortet er mir nur knapp, dass wir uns in seinem Auto treffen können. Gerne auch heute noch. Als ich frage, ob er sich öfters mit Frauen aus den Kleinanzeigen trifft, behauptet er, dass es das erste Mal ist. Jedoch ist es nichts Neues für ihn, eine Frau Dienstleistungen wie diese zu bezahlen. Um aus der Nummer wieder raus zu kommen, fordere ich ihn auf, seinen Preis zu erhöhen. Er bleibt bei seiner Schmerzgrenze von 100 Euro und möchte sich nicht auf mehr einlassen. Ich teile ihm mit, dass ich kein Interesse habe, und beende das Gespräch. Die Enttäuschung darüber, ist ihm anzusehen. Kurz danach sendet er mir eine Nachricht auf den Kleinanzeigen, ich könne es mir ja noch einmal überlegen.
Nachgedacht habe ich. Jedoch nicht daran, sein Angebot anzunehmen. Vielmehr, was passiert, wenn Frauen einen Schritt wie diesen wagen. Orte wie die Ebay-Kleinanzeigen sind für jeden zugänglich. Zwar gibt es das Mindestalter von 18 Jahren, um sich dort anzumelden, doch die eigene Identität muss man nicht nachweisen. Was die Webseite für Perverse zu einem großen Angelteich des Vergnügens macht. Der Großteil der Männer schrieb mir, dass es besser wäre, wenn wir unsere Unterhaltung per E-Mail oder WhatsApp fortsetzen, da die Konten regelmäßig vom Support gesperrt werden. Wenn das passiert, melden sie sich einfach mit einem Fake-Namen an. Was Ebay-Kleinanzeigen zu einem unsicheren Ort macht. Ohne weitere Maßnahmen wird sich daran auch nicht so schnell etwas ändern. Ich hoffe, dass ich mit meinem Experiment ein paar Menschen über das Ebay-Darknet und seine Schattenseiten aufklären konnte.
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Autor:innen
Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.
One Comment on “Ebay-Kleinanzeigen-Fails: 100 Euro für Sex mit mir”