Benjamin aka Bosq stammt aus einer musikalischen Familie, sein Vater und dessen Brüder spielen Gitarre und sangen auf Familienfeiern. So war es für ihn keine Überraschung, dass er später mal selbst zum Musiker wurde. „Mein Interesse für Musik bekam einen ernsthaften Schub, als ich anfing, die Hip-Hop-Kassetten und CDs meiner Brüder zu kopieren. Ich war total besessen. Vor allem von allem, was mit dem Wu-Tang-Clan zu tun hatte. Produktionen von Rzas brachten mein Hirn zum Kochen. Ich weiß noch, als ich zwölf oder dreizehn Jahre alt war, in meinem Zimmer saß und Tical, 36 Chambers oder Liquid Swords hörte, und einfach nur auf die Stereoanlage starrte, völlig vertieft.“ Von diesem Moment an war es um ihn geschehen und er war sich sicher, dass er später mal Musikproduzent wird. Und jetzt, 20 Jahre später, ist er immer noch dabei. Künstler wie Fela Kuti, The Mizell Brothers, Rza, Kiki Gyan, Nina Simone, Randy Muller (Brass Construction), Prince, The Clash, Ray Barretto, Fruko, Cerrone, James Brown, Roy Ayers, Sly & Robbie, Stevie Wonder oder Chic beeinflussten ihn dabei besonders auf seinem Weg.

Geboren in Boston, lebt Ben mittlerweile in Medellin. „Es gibt viele Gründe, warum ich die USA verlies. Aus politischer Sicht wollte ich nicht mehr Teil eines Systems sein, in dem ich täglich Steuergelder an ein Militär schicke, das weltweit für den Tod vieler Menschen verantwortlich ist und Chaos stiftet. Eine Regierung, die Apartheidstaaten unterstützt, Nationen destabilisiert, um an ihre Ressourcen zu gelangen. Als US-Bürger zahlt man in eine Polizei, die schwarze, lateinamerikanische und einheimische Gemeinden absolut ungestraft terrorisiert.“ Also schnappte er sich seine Frau, die aus Santiago de Chile stammt, und verlies seine ehemalige Heimat.

In die Klänge Kolumbiens verliebte er sich schon lange Zeit zuvor. Die Art und Weise, wie lateinische und afrikanische Töne dort zusammenkommen, faszinierte ihn einfach. „Ich hatte schon in Boston mit Stilen wie diesen experimentiert. Bekam dann aber das Gefühl, dass ich mich entscheiden müsste, ob ich an dieser Musik teilhaben und sie mit anderen teilen möchte oder ob ich sie stehle“, sagt er. Und er entschied er sich dafür, ein Teil davon zu werden. So engagiert er heute Musiker und Lehrer, um die die Traditionen der Musik, die ihn inspirierten, weiterzuführen. Die verschiedenen Rhythmen, von denen er Tag für Tag umgeben ist, im Bus oder auf dem Markt, gaben ihm die Sicherheit, ein besserer Musiker zu werden. „Meine Zusammenarbeit wurde bedeutungsvoller, da sich mein Spanisch verbesserte und ich nun auch in der Lage war, mit den Menschen im selben Raum zu arbeiten und der Kontakt nicht nur über das Internet stattfand“, erzählt er.

Musikalisch gesehen, unterscheiden sich Boston und Kolumbien zwar sehr in ihrem Klang, doch wenn man sich auf die Hörer konzentriert, so ist ein Muster erkennbar. „Die Leute, die Nischen- oder Undergroundmusik mögen, neigen dazu, Dinge von außen zu wollen. Als ich noch in Boston lebte, spielte ich viel mehr kolumbianische Musik als hier. Das lag wohl zum Teil auch daran, dass viele Kolumbianer auf meinen Partys waren, da wir dort eine große südamerikanische Gemeinde haben. Hier in Kolumbien freuen sich die Leute mehr darauf, Disco oder Funk zu hören, den ich aus den USA mitgebracht habe, oder auch Musik aus Afrika“, bemerkt er. So ist er der Meinung, dass die Geschichte des musikalischen Schmelztiegels die Menschen offener und zu Musik aus allen Epochen der Welt tanzen lies. Im Gegensatz zu seiner Heimat: „Mir wurde klar, dass ich Musik spielen muss, die die Leute kennen, oder mit der sie vertraut sind, nur, um sie bei Laune zu halten.“ 

Doch das entspricht nicht seinem Ideal. Musik ist für Ben so viel mehr. „Jeder Tag, an dem ich mich auf das Musizieren konzentrieren kann, ist einfach schön! Wenn ich auf Tournee bin, treffe ich Leute aus der ganzen Welt. Nehme Musik mit Legenden auf, zu denen ich einst aufgeschaut habe, wie beispielsweise Kaleta, Jimmy Riley, Nicole Willis oder Nidia Gongora“, schwärmt er. Und diese Leidenschaft, mit seiner Frau teilen zu können, mit der er einen Track schrieb und aufnahm, gab dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen.

Mit vierzehn erhielt er seinen ersten Plattenspieler, kurz danach kaufte er sich ‚Marley Marls House of Hits‘ in einem Plattenladen. Nebenbei stöberte er durch die alten Platten seiner Eltern im Keller. „Zur selben Zeit schenkte mir mein Bruder Nas ‚Illmatic‘ und DJ Clues ‚The Professional‘. Die erste Single, die ich kaufte, war Kraftwerks ‚Numbers'“, erinnert er sich zurück. Heute besitzt er zwischen 5000 und 7000 Platten. Bevor er nach Kolumbien ging, musste er sich von einigen Stücken trennen: „Es war unmöglich, sie alle mitzunehmen. Es sei denn, ich lasse sie eines Tages mit einem großen Container herschicken.“ Daher ließ er den Großteil zurück in einem Lager in den USA und nahm nur wenige hundert mit nach Medellin. Und wo er am liebsten einkaufen geht? „A-1 in NYC. Aus irgendeinem Grund finde ich dort jedes Mal, wenn ich hineingehe, die Platten, von denen ich geträumt habe! Es ist wie eine Art Magie“, sagt er.

Und so kommen wir nun zu seinen Top 5:

01 Peregoyo Y Su Combo Vacaná – Mi Buenaventura (Discos Fuentes)

02 Johnny Hammond – Gears (Milestone)

03 Barrington Levy – Poor Man Style (Clocktower)

04 Fela Kuti – Go Slow (Roforofo Fight) (Wrasse)

05 Nas – Illmatic (Columbia)

 

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

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