Foto: René Keding

Ein guter DJ ist für mich jemand, der sich der Musik voll und ganz hingibt. Einen Bund mit ihr eingeht, sich Zeit nimmt und auf ihre Bedürfnisse eingeht. Der Fokus sollte nicht zwingend beim Publikum liegen, denn wer will schon einem Paar beim Streiten zusehen? Vielmehr geht es in dieser Beziehung um Weiterentwicklung, Verführung und Genuss. Ein DJ, der sich seinen eigenen Sound nicht privat anhört, ist genauso viel Wert, wie ein Koch, der seine Gerichte nicht kostet. Gleichermaßen bedeutend ist die Atmosphäre in einer Klubnacht, die der Künstler schafft, um mich in seinen Bann zu ziehen, mich zu fordern, und mir zeigt, was ich zuvor noch nicht kannte. Wenn Cyril aka Mystigrix hinter seiner Mischanlage steht, hat es vielleicht den Anschein, als ob er ein harter Brocken ist. Hört man genauer hin, kommt schnell sein weicher Kern zum Vorschein. Sein ausgeprägter Sinn für Musik zeigt sich nicht nur in seinen Sets. Er hatte mich schon mit seinen Produktionen am Haken, lange, bevor ich seine warmherzige Seite kennenlernte. Mit seiner „Mile High EP“, die vergangenes Jahr auf dem Londoner Label Thirty Year Records erschien, brachte er mein Herz zum Flattern, ließ mich Tanzen und mich darüber Nachdenken, wie schön doch das Leben ist. Daher bekam ich große Lust, mal in seine Plattensammlung rein zu schnuppern und einen Einblick in sein Leben als Künstler zu bekommen.

Hey Cyril, erzähl doch mal, wo kommst du her?
Ich bin ein Kind deutsch-französischer Eltern. Mein Vater kommt aus der Bretagne, meine Mutter aus Nordrhein-Westfalen. Ich bin schon sehr oft umgezogen. Meine prägendsten Jahre verbrachte ich in Norddeutschland, das war in Hannover, Hamburg und meiner derzeitigen Heimat Bremen.

Hast du Musik bereits als Kind für dich entdecken können?
Ja, das war im Alter von fünf Jahren. Ich war das erste Mal in der Musikschule und durfte mir ein Instrument aussuchen, das ich lernen wollte. Zum Leiden meiner Eltern, entschied ich mich für’s Schlagzeug spielen. Richtig eingelassen habe ich mich jedoch darauf, als ich für den Musikunterricht kontinuierlich üben musste. Ich weiß noch, dass ich schon im Kindergarten gerne Musik hörte. Aber so richtig angefangen hat es, als ich begann, bewusst eigene Musik für mich zu entdecken. Das fing mit Rap und Hip-Hop an, ging dann über Rock und Metal bis hin zu Reggae. Schließlich landete ich bei der elektronischen Musik.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Mittlerweile spiele ich einfach das, was mir gefällt. Das variiert von Disco bis zu hartem Techno. Anfangs fokussierte ich mich noch sehr auf Genres, mittlerweile ist es spannender für mich, die Tracks anhand einzelner Elemente zu kombinieren. Das ist natürlich auch immer von der aktuellen Stimmung abhängig.

Welche Art von Musik verfolgst du aktuell?
Momentan stehe ich sehr auf Erol Alkans Phantasy Sound und Frank Music. 2019 beeindruckte mich außerdem Special Request mit einer Menge hochqualitativem Output. Es gibt einfach Unmengen an interessanten Künstlern, die ich ständig neu entdecke. Ansonsten höre ich aber auch gerne Hip-Hop und abgedrehten Indie-Kram. Zu meinen neuesten Entdeckungen zählt Patrick Cowleys Musik.

Was denkst du, woher kommt diese Leidenschaft?
Ich habe einfach Lust, die Musik, die mir gefällt, mit den Leuten zu teilen. Ich freue mich manchmal schon Wochen im Voraus darauf, einen bestimmten Song zu spielen. Mitunter kommt es dann mal doch nicht zum passenden Moment und ich hebe mir das Stück für die Zukunft auf.

Wie ging das dann mit dem Produzieren los?
Ich glaube, im Jahr 2004 hatte ich zum ersten Mal das Programm eJay auf dem Computer und baute mir damit ein paar Beats. Danach experimentierte ich zusammen mit Freunden öfters mal mit Programmen wie Fruity Loops. 2014 fing ich dann ernsthaft an zu produzieren, als ich nach Bremen zog. Ich erinnere mich noch, wie ich mich damals in einem Musikladen an ein E-Drum Set setzte. Die Sounds, die dabei rauskamen, fand ich einfach saugeil. So was wollte ich selber machen. Hinzu kam, dass ich bereits schon ein paar Jahre aufgelegt hatte und wissen wollte, ob ich eigene Tracks auch hinbekommen würde.

Was hast du aus deinen heutigen gesammelten Erfahrungen als DJ gelernt?
Ich denke, das Wichtigste ist, dass man sein eigenes Ding durchzieht und sich nicht von anderen verunsichern lässt. Durch die sozialen Netzwerke bekommt man einiges von anderen Künstlern mit und vergleicht sich demnach auch schnell. Authentizität und Ehrlichkeit sind für mich da viel mehr wert. Man sollte sich daher nicht von den ganzen Störgeräuschen verunsichern lassen und einfach Spaß an der Sache haben.

Was hast du auf unangenehme Weise lernen müssen?
Es ist ein hartes Business. Heute gibt es oft mehr Konkurrenz als Miteinander. Vor allem in der Musikbranche werden oft leere Versprechungen gemacht. Anfangs lässt man sich davon schnell beeindrucken, aber mit der Zeit habe ich gelernt, Sachen erst ernst zu nehmen, wenn sie wirklich passieren.

Wie hast du deinen Platz in der Bremer Szene gefunden?
2015 gründete ich zusammen mit ein paar Freunden das Conartism Kollektiv. Mittlerweile haben wir unseren Platz, organisieren regelmäßig Veranstaltungen und wirken auch bei diversen Festivals, wie dem Zugvögel Festival mit.

Dein schönster Moment als Musiker?
Als meine Mutter unangekündigt bei meinem Gig im Sisyphos auftauchte und bis fünf Uhr morgens durchtanzte.

Dein schlimmster Moment?
Mein dritter oder vierter Auftritt war auf einer Abschlussfeier für einen Business Management Kurs. Die Frau, die mich buchte, fand die Musik super, der Rest nicht. Die Musik hat null gepasst und es war ein sehr langer Abend.

Jetzt aber mal zum eigentlichen Thema! Wie viele Platten besitzt du und seit wann sammelst du?
Angefangen Platten zu kaufen, habe ich im Jahr 2010. Mittlerweile sind es ungefähr 500 Stück.

Suchst du deine Platten manchmal auch nach dem Cover aus?
Klar, ab und an auch nach verrückten Namen. Vor allem bei Cheapos aus den Grabbelkisten lasse ich mich von Covern oder Titeln inspirieren. Wer kann schon zu einem Track der „Mindlessly Lost in Antwerp on Acid Mix“ heißt, Nein sagen?

Mystigrixs TOP 5: 

01 Jesus Loves You – After The Love (1989) (More Protein)

02 Laurence Guy – Saw You For The First Time (2012) (Church)

03 Westpark Unit – Forever (2002) (Draft)

04 Dauwd – Theory Of Colors (2017) (Technicolour) 

05 Flamingo Pier – Flamingo Pier EP (2019) (Soundway)

 

Du bist jetzt richtig scharf auf Cyril?
Hier kannste ihn auschecken:
www.facebook.com/Mystigrix
www.instagram.com/its_mystigrix
www.soundcloud.com/mystigrix

 

 

 

 

 

Du willst wissen, mit was Cyril Mukke macht? Dann schau mal hier:
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Magste? Dann check doch mal das hier:
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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

One Comment on “Mein Plattenschrank: Mystigrix”

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