Warnung: Dieser Text enthält Schilderungen von einer Essstörung.

Da waren die Hose und ich gestern,
eine Jeans um genau zu sein,
haben uns lange nicht gesehen,
Sie, versteckt im Schrank,
Ich, versteckt in weiten Jogginghosen.

Wir haben uns auseinandergelebt.

Ein Anfreundungsversuch: Ich berühre sie.
Vorsichtig; wir werden schon klarkommen.

Gesellig wie immer, der
hochgewachsene Spiegel im Flur.
Ich schlüpfe in die Jeans,
weniger leicht als gedacht,
als gehofft. Skinny High-Waist.

Da geht es auch schon los,
das Gerede von Idealen,
der Spiegel ist laut und voreingenommen:
„Stell dich mal anders hin“, befiehlt er.
„Ja, so ist‘s gut“,
„Nein so weniger“,
„Ich glaube, ihr passt nicht zusammen“,
„Nicht so wie die Faust aufs Auge“,
„Kaum Hintern hast du“,
„Deine Beine sehen dick aus!“

Ich bin sauer, drehe mich weg,
beleidige die Jeans für ihre undankbare Passform
dafür, dass meine Beine so scheiße aussehen,
der Spiegel hat recht
wütend schmeiße ich sie auf den Boden.

Ich bin sauer, nicht,
weil die Jeans einen Fehler gemacht hat,
sondern weil ich mich gefangen fühle,
eingesponnen von den Idealen des Spiegels
Mir?

Der Gesellschaft.

Lügen projiziert auf mich.
Und ich habe sie angenommen.

Dieser Text erschien zuerst auf DIEVERPEILTE / Foto: Paula Schür

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