Ein Comic von hello.momo.illu.

Erst vor Kurzem sah ich einen Post einer koreanisch-stämmigen Künstlerin. Sie beschreibt darin ihre Jugend und wie sie unter dem Schönheitsideal blasser Haut litt. Das erstrebte Ziel: flour skin (in Deutsch: Mehlhaut). Was für eine Absurdität diese Schönheitsideale doch sind, denke ich dabei. Ich war zu blass, sie zu dunkel. Schönheit ist also ein kulturelles Konstrukt und was als schön gilt, wird heute hauptsächlich durch die (sozialen) Medien verbreitet. Eine große Gefahrenquelle für junge, unsichere Menschen – wie ich finde – so wie ich es war.

Zu meiner Teenagerzeit war das gängige Schönheitsideal eine gesunde, gebräunte Haut. Leider entsprach ich dem überhaupt nicht. Meine Haut war käseweiß und transparent, von Sommersprossen geschmückt – für mich die Krönung der Hässlichkeit. Darum wurde ich gehänselt. Mein Spitzname: Mehlorgie.

Ich habe mich für mein Aussehen geschämt und fand mich hässlich. Das Schlimmste waren die blauen Flecken und roten Äderchen an meinen Beinen. Deshalb habe ich im Sommer Strumpfhosen-Hosen getragen, egal, wie heiß es war. Für die Bräune ging ich ins Solarium und bekam Sonnenbrand.

Als meine Omi zur Schule ging, wurde sie auch wegen ihres Aussehens gehänselt. Hell Haut, Sommersprossen und rote Haare brachten ihr den Spitznamen Rotfuchs ein. Für uns heute vielleicht nicht mehr unbedingt eine Beleidigung, jedoch für meine Oma, das kleine Mädchen in den 1950er Jahren eine seelische Belastung. Genauso wie ich 40 Jahre später darunter litt, als Mehlorgie bezeichnet zu werden. Heute mag ich mich.

Trotzdem fühle ich mich manchmal wie ein Streuselkuchen. Im Laufe der Jahre habe ich einige Hautkrankheiten entwickelt. Es begann mit Akne auf dem Rücken, später sind noch Perioale Neurodermitis dazugekommen. Ob diese direkt etwas mit meiner hellen Haut zu tun haben, kann ich nicht sagen. Aber dadurch wird alles gefühlt noch mehr sichtbar und irgendwie spricht es auch für die größere Empfindlichkeit meiner Haut. Vor allem aber habe ich ein sehr hohes Risiko für Hautkrebs, woran schon einige in meiner Familie erkrankt sind.

Mir ist klar, dass mein Leid nicht mit dem von Personen mit dunkler Haut, die ständig rassistischen Äußerungen ausgesetzt sind, vergleichbar ist. Und ich möchte dieses Leid auch keinesfalls relativieren. Wovon ich hier berichte, sind die negativen Auswirkungen von sogenannten Schönheitsidealen. Ganz unabhängig von Hautfarbe, Kulturkreis, Alter oder Geschlecht. Die Idealisierung eines bestimmten Vorbilds bringt eben leider auch die Stigmatisierung von Abweichungen mit sich.

Ich habe lange gebraucht, mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Heute bin ich zufrieden mit meiner Haut, den Sommersprossen und trage meine rötlichen Haare mit Stolz. Und im Sommer trage ich kurze Hosen – ohne Strumpfhose, auch mit blauen Flecken und roten Adern! Wie schön es doch wäre, würde unsere Haut nicht eine solche große Rolle in unserer Gesellschaft spielen. Dann könnten wir einfach sein, wer wir sind. Mit heller oder dunkler, mit oder ohne Sommersprossen, Pickeln, blauen Flecken, Adern, Narben oder Tattoos.

Weitere Arbeiten von Mia findest du auf ihrer Homepage. Du kannst ihr auch auf Instagram folgen.

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