Etwa 4.600 Frauen erkranken jährlich in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs. Jedes Jahr sterben ungefähr 1.500 daran. Diese Krebsart ist sehr selten, hat aber etwas Besonderes: 90 Prozent der Fälle gehen auf eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) zurück. Worum handelt es sich bei diesen humanen Papillomviren? Wie ist eine Infektion zu erkennen? Und entsteht daraus immer Krebs? Fragen, die Grund genug sind, HPV etwas genauer anzusehen. Hier findest du die wichtigsten Fragen und Antworten:
Frage: Was ist HPV?
Antwort: HPV steht kurz für humane Papillomviren. Damit gemeint sind DNA-Viren, die Krebs auslösen können – sie haben also onkogenes Potenzial. 170 verschiedene Arten (Typen) sind mittlerweile bekannt, weitere 200 sind entdeckt und müssen noch genauer untersucht werden.

Frage: Wie ist eine Infektion zu erkennen?
Antwort: Humane Papillomviren sind sexuell übertragbar und Infektionen mit HPV können zu verschiedensten Warzen, zu sogenannten Krebsvorstufen und zu bösartigen Tumoren führen. Meist heilen Infektionen unbemerkt aus. Weiter unten liest du, was du tun kannst, wenn sie nicht von selbst ausheilt.
Frage: Wann wird HPV zu Krebs?
Antwort: Es gibt zwei Gruppen von humanen Papillomviren: Niedrigrisiko (etwa Typ 6 und 11) und Hochrisiko (etwa Typ 16 und 18). Hält eine Infektion mit einem Hochrisiko-Typ lange Zeit an, steigt das Krebsrisiko. Grundsätzlich führt eine Infektion eher selten zu Krebs.
Frage: Welche Krebsarten kann HPV auslösen?
Antwort: Die häufigste Krebsart, die aus einer HPV-Infektion entstehen kann, ist Gebärmutterhalskrebs. Von 100 Frauen, die sich mit einem Hochrisiko-Virentyp infiziert haben, erkrankt weniger als eine daran. Dennoch ist Gebärmutterhalskrebs EU-weit die zweithäufigste Krebsart junger Frauen (nach Brustkrebs). Neben Gebärmutterhalskrebs kann eine HPV-Infektion auch Tumoren an Vulva, Vagina, Penis (oft an der Eichel), Hodensack, After und Schleimhäuten im Mund, Rachen und Kehlkopf auslösen. Bis aus einer HPV-Infektion ein bösartiger Tumor wird, dauert es oft sehr lange, bei Gebärmutterhalskrebs etwa 15 Jahre.
Neben HPV kann auch Rauchen ein wesentlicher Risikofaktor für das Entstehen dieser Krebskrankheiten sein. Forschende vermuten HPV-Infektionen auch als Risikofaktor für Hautkrebs, Lungenkrebs und Speiseröhrenkrebs.
Frage: Wie häufig ist HPV in Deutschland und Österreich?
Antwort: Fast jeder sexuell aktive Mensch (egal welchen Geschlechts) kommt mindestens einmal im Leben mit HPV in Kontakt. An Genitalwarzen erkrankt etwa jede zehnte Person. In einer 2014 erschienenen deutschen Studie hatten 14 bis 38 Prozent der teilnehmenden Frauen HPV-Infektionen. Höhere Anzahl an Sexualpartner:innen und niedrigerer Bildungsstand waren unabhängig voneinander mit HPV-Infektionen verbunden. Da eine Infektion mit HPV in Deutschland und Österreich nicht meldepflichtig ist, fehlen genaue Zahlen zur Verbreitung.
Frage: Wie merke ich, dass ich HPV habe?
Antwort: Eine Infektion mit HPV bleibt oft unbemerkt. Es können gewöhnliche Hautwarzen (Papillome) im Gesicht, an Händen und Füßen auftreten. Bei mehr als 1 Prozent der sexuell aktiven Menschen führt die Infektion zu Genitalwarzen (Feigwarzen, Kondylome) in Geschlechts- oder Analbereich. Diese sind als kleine Knötchen (Papeln) zu tasten oder als Flecken zu sehen und können sich flächig auf der Haut ausbreiten. Manchmal entstehen daraus Krebsvorstufen (Neoplasien, Dysplasien).
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind sinnvoll, auch um Folgeerkrankungen früh zu entdecken. Dazu zählt, die Haut selbst zu untersuchen (etwa ein Mal im Monat nach der Dusche oder nach einem Bad). Ärztliche Früherkennungsuntersuchungen bieten Gynäkolog:innen, Urolog:innen und Hautärzt:innen an. Verdächtige Warzen werden entfernt oder von größeren Stellen Proben entnommen. Die Gewebeproben werden anschließend in einem Labor mikroskopisch untersucht, um festzustellen, ob sie bösartig sind. Solche Untersuchungen sind auch mit Zellabstrichen (Pap-Test) oder Biopsien möglich (Gebärmutter-/hals, Vagina, Vulva). Ein HPV-Test an anderen Hautstellen wie etwa der Genitalgegend ist wenig aussagekräftig. Ist bei dir eine HPV-Infektion nachgewiesen, informiere bitte deine Sexualpartner:innen, um weitere Ansteckungen zu vermeiden.
Frage: Wie sage ich Sexpartner:innen, dass ich HPV habe?
Antwort: Wenn du bis hierher gelesen hast, machst du schon alles richtig. Als Erstes informiere dich gründlich über HPV und mögliche Folgen. Welche Fragen könnten deine Sexualpartner:innen haben, wenn du über die Infektion erzählst? Als Nächstes sprich das Thema an. Am besten ehestmöglich und persönlich, aber nicht beiläufig. Seht ihr euch nicht, ruf an. Geht auch das nicht, hinterlasse eine Sprachnachricht (aber bitte, labere nicht um den heißen Brei herum). Mache Vorschläge, wie ihr die Situation löst (Behandlung, weitere Untersuchungen, Safer Sex, Enthaltsamkeit). Hast du einen HPV-Typ, der Genitalwarzen oder Krebs auslösen kann, verzichte auf Sex, bis die Erkrankung nachweislich vorbei ist. Biete ein Gespräch an. Die andere Person könnte durch deine Botschaft verunsichert sein. Sende den Link zu diesem Text. Bitte deine Sexpartner:innen, sich auf HPV testen zu lassen. Schützt euch bei oralem, vaginalem, analem und manuellem Sex (egal, ob miteinander oder mit anderen Menschen) mit einwandfreien Kondomen, Lecktüchern und Handschuhen (nicht mehrmals verwenden). Achtet auf Hygiene.
Frage: Wie werde ich HPV wieder los?
Antwort: Infektionen mit humanen Papillomviren heilen meist symptomlos innerhalb weniger Monate aus. Manche HPV-Typen können zu nervigen Hautveränderungen wie Warzen und Flecken führen, die immer wieder auftreten und behandelt werden müssen (siehe nächste Frage). Gegen die HPV-Infektion an sich gibt es derzeit noch keine antiviralen Medikamente, es wird aber an therapeutischen Impfstoffen geforscht.
Humane Papillomviren können sich über lange Zeit im menschlichen Körper halten, sogar ein bis zwei Jahre. Es kann zeitgleich zu Infektionen mit unterschiedlichen HPV-Typen kommen. Frühere Infektionen schützen nicht vor neuerlicher Ansteckung. Es gibt eine vorbeugende Schutzimpfung, die am besten vor ersten Sexualkontakten wirkt (lies weiter unten mehr darüber).
Frage: Wie können durch HPV ausgelöste Erkrankungen behandelt werden?
Antwort: Entdeckte Zellveränderungen können chirurgisch entfernt (Operation mit regionaler Betäubung), lokal zerstört (etwa mit Laser, Vereisung oder Elektrochirurgie) oder medikamentös mit Cremen behandelt werden. Nach einer Entfernung oder Zerstörung ist das Risiko eines Rückfalls trotzdem eher hoch. Um zurückgekehrte Erkrankungen frühzeitig zu erkennen, solltest du regelmäßig zu Nachsorgeuntersuchungen gehen.
Frage: Welche Heilungschancen haben durch HPV ausgelöste Erkrankungen?
Antwort: Grundsätzlich gilt: Je früher Genitalwarzen, Krebsvorstufen oder Tumoren erkannt und behandelt werden, desto effektiver ist die Therapie. Am Beispiel Gebärmutterhalskrebs sieht das so aus: Befindet sich der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnose im Gebärmutterhals und hat sich noch nicht auf umliegenden Organe ausgebreitet, kann der Krebs üblicherweise geheilt werden (frühes Stadium). Selbst in fortgeschrittenen Stadien mit kleinräumiger Ausbreitung gibt es noch günstige Prognosen.
Hat der Krebs gestreut (Metastasen gebildet), sich zum Beispiel auf Blase, Darm oder weiter weg liegende Körperregionen ausgebreitet, ist er nur noch schwer heilbar. Das Ziel der Behandlung ist in solchen späten Stadien, die Beschwerden zu lindern und das Leben zu verlängern. Deshalb sind Früherkennungsuntersuchungen (Krebs-Vorsorgeuntersuchungen) so wichtig.
Dennoch sind die Heilungschancen in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich besser geworden. Im Vergleich zu vor 30 Jahren stirbt heute nur noch die Hälfte der an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Frauen. Ein Dank geht raus an die Krebsforschung und laufend weiterentwickelte Medikamente.
Frage: Wie kann ich mich vor einer Infektion schützen?
Antwort: Vorbeugen ist eher schwierig, da humane Papillomviren weit verbreitet sind. Sexuell aktive Menschen haben somit ein hohes Ansteckungsrisiko. Kondome und Lecktücher verhindern eine HPV-Infektion zwar nicht, reduzieren das Risiko vor dem Anstecken. Es sind sogenannte Schmierinfektionen möglich (etwa durch Berühren mit der Hand oder Sex Toys). Viren können durch kleine Verletzungen in die Haut oder Schleimhaut eindringen. In öffentlichen Bereichen, vor allem in Feuchträumen, solltest du nicht barfuß herumlaufen, um das Risiko des Ansteckens mit gewöhnlichen Hautwarzen zu verringern. Hat jemand im engen Umfeld Warzen, solltest du deine Handtücher, Waschlappen oder Socken keinesfalls teilen.

Mit der HPV-Impfung für Kinder und Jugendliche (bestenfalls bevor sie sexuell aktiv sind) existiert ein nachgewiesener Schutz vor Hochrisikoviren. Die verfügbaren Impfstoffe reduzieren das Risiko für Feigwarzen und Krebs am Gebärmutterhals um bis zu 90 Prozent. Impfkommissionen empfehlen, Mädchen und Jungen gleichermaßen zu impfen, da Männer genauso Überträger sein können. Auch nach dem ersten Sexualkontakt ist eine Impfung noch sinnvoll. Laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) wäre eine Durchimpfungsrate von 90 Prozent erstrebenswert. Für Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) ist die Impfung gratis, in Österreich seit Februar 2023 bis zum vollendeten 21. Lebensjahr, in Liechtenstein sogar bis zum 26. Lebensjahr. Später musst du die Impfung selbst bezahlen. Die Kosten sind in Deutschland und Österreich unterschiedlich (480 bis 650 Euro für 3 Impfdosen) und variieren teilweise je nach Bundesland.
Frage: Wo erhalte ich Hilfe?
Antwort: Krankhafte HPV-Infektionen solltest du rasch medizinisch versorgen lassen. Fachärzt:innen der Gynäkologie, Urologie und Dermatologie helfen dir. Im Fall einer Krebserkrankung könnte es hilfreich sein, wenn du dich neben der medizinischen Behandlung zusätzlich psychoonkologisch begleiten lässt.
AUTOR: AEXANDER GREINER, ILLSTRATIONEN: META BRONSKI
Bist du selbst oder eine nahestehende Person von einer durch HPV ausgelösten Krebserkrankung betroffen? Hier findest du Hilfe in Deutschland: TelefonSeelsorge (Tel. 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222), Patientenservice 116117 (Patient:innen-Navi, medizinische Hilfe, Suche nach Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen, Tel. 116 117), Krebsinformationsdienst (Tel. 0800-420 30 40, täglich von 8:00 bis 20:00), Datenbank der psychosozialen Krebsberatungsstellen. Hilfsangebote in Österreich: TelefonSeelsorge (Tel. 142), Sozialpsychiatrischer Notdienst (PSD Wien, Tel. 01 313 30, täglich von 8:00 bis 20:00), Beratungsstellen der Österreichischen Krebshilfe.
Alexander Greiner ist Journalist und Patient Empowerer und lebt in Österreich. Er moderiert das virtuelle Patientenformat „Herrenzimmer“ für an Krebs erkrankte Männer der Österreichischen Krebshilfe und die Selbsthilfegruppe „Männer und Krebs“ der Krebshilfe Wien. Alexander hält Vorträge in Unternehmen, Krebsberatungsstellen und Bildungshäusern. In seinem Buch „Als ich dem Tod in die Eier trat“ (Verlag Kremayr & Scheriau) steht, wie es dazu kam. www.alexandergreiner.com
Dieser Text erschien zuerst auf DIEVERPEILTE.

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One Comment on “HPV: Eine Impfung, die vor Krebs schützt?”