„Die Trafik ist in Österreich eine Verkaufsstelle für Tabakwaren, Zeitungen, Glücksspiele, Vignetten, Fahrscheine der städtischen Verkehrsmittel und auch sonstigem Kleinkram.“

Für mich als Verkäuferin und Einzelhandelskauffrau ist die Trafik vor allem eines: Austausch und Sammelplatz jeglicher Gruppierungen. Hier trifft Jung auf Alt, Krawatte auf Pyjama, High Heels auf Birkis und Brudi auf werte Dame. Egal ob gerade mit frisch toupierten Haaren und Schellacknägeln oder rauen Arbeiterhänden und verschwitzter Abfallsamtbekleidung, jeder findet hier sein passendes „Tschickpackerl“. Da hätten wir die weiß goldene Marlboro Klassik für den feinen Juristen, die Pinke JPS für die junge Kellnerin und den gsunden Naturtabak zum Selberwuzeln für Social Workers und Alternatives.

Der Umgangston äußerst schwankend von neutral, rau und mürrisch bis hin zu zaghaft, leise und herzlich. Ab und an darfs dann aber auch ein kleiner Jubelschrei sein, wenn die letzten Lotto-Joker-Zahlen, oder der Fußballtipp der oberen „Marillenliga“ aufgegangen ist. Jaja, die Trafik, ein Diskussionsort über allerhand dörfliches Geschehen. Das Blatt bleibt oft eher am Boden als vor dem Mund.

„Was bekommen Sie?“ „Ka Luft, des sehns jo!“ Keuchend und hustend wird trotz alledem die Nikotinsucht gestillt, da hilft auch der dritte Lungeninfarkt in Folge nichts. Achtsamer Lebensstil, gesunder Umgang mit sich selbst ist eher Rarität. Ok, bis auf die wenigen „Happinez und Bergwelten – Leserinnen“, die sich doch auch ab und an mal hineinschlängeln. We won`t forget you.

Die Trafik bleibt auch als Nahversorger während des Lockdowns offen, was bei manchen auf Unverständnis und Kopfschütteln stößt. „Wer braucht schon Tschick oder Lotto, des is jo ois ned lebensnotwendig.“ Change your Perspektive würde ich hier mal raten. Und dann lasst uns doch gleich bei den Basics starten: Was braucht der Mensch in seinem natürlichen Habitat denn tatsächlich, um zu „überleben“? Auch Klopapier lässt sich mit nem´ Kübel Wasser und der eigenen Flosse ersetzen. Tja, aber wir sind nun mal furchtbar egoistische Gewohnheitstiere, deren Festplatte sich nicht von heute auf morgen neu aufsetzen und umschreiben lässt. „Oiso wenns ma meine Tschick jetzt a nu wegnehmen, drah ich durch.“ Rauchen und auch die Glücksspieltätigkeit ist eine Sucht und lässt sich nicht so plötzlich und radikal abstellen. Wollen wir uns nicht ausmalen, was es für viele Menschen bedeuten würde, ihnen in diesen Zeiten der großen Unsicherheit diesen – nämlich den Zigarettenhalt auch noch wegzunehmen. Sozial- und gesellschaftspolitisch müsste da an anderen Ecken und Enden angesetzt werden, um unserer next generation und vielleicht auch noch den einen oder anderen alt Eingesessenen zu einem wertvolleren Umgang mit sich und seiner Umwelt zu verhelfen.  

Schauplatz Trafik: du Ort der Vielfalt und Schule des Lebens. Selten hat mich ein Arbeitsplatz mit solch einer radikalen und bodenständigen Ehrlichkeit beschenkt. Danke dafür!

Dieser Text erschien zuerst auf DIEVERPEILTE / Autorin: Katharina H. / Foto: @rydmoto / Model: @jeslyncaecilia_

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