Es ist 2019. Völlig verschwitzt von der Hitze stehe ich in einem Moshpit und warte auf den Drop. Mit dem „Drop“ ist aber weniger die Musik, sondern eher Hauke von Odeville gemeint. Der steht währenddessen an einem Geländer und ist bereit, sich in die tanzende Menge zu schmeißen. Odeville verbreitet eine Energie, die glücklich macht. Jetzt im Moment ist es schlecht mit Live-Auftritten, weswegen sich die drei Jungs zurück ins Studio verkrochen haben und eben mal ihr sechstes Album produzierten.

DIEVERPEILTE: Wie geht es euch im Moment, wie wirkt sich die Pandemie auf euch aus?
Hauke: Mit 20 hätte ich diese Frage wahrscheinlich ganz anders beantwortet und mir würde es miserabel ohne Publikum gehen. Man kann schwer sagen, dass es einem in so einer Zeit gut gehe, aber im Vergleich zu Menschen in Bereichen wie in der Veranstaltungstechnik geht es uns ganz gut. Wir haben alle noch andere Jobs, um die wir uns jetzt mehr kümmern müssen, weswegen Live-Auftritte sowieso gar nicht möglich wären. Vor Corona haben wir ein wenig den Kontakt zum echten Leben verloren. Wir waren die ganze Zeit zwischen Tour und Studio unterwegs und sind durch den Lockdown da herausgekommen. Das bedeutet, dass wir in diesem Jahr neue Energie hatten, etwas Neues zu schaffen und sich aus alten Gewohnheiten zu befreien.

Diese neue Energie wurde direkt in eine Platte gesteckt. Was erwartet die Hörer:innen beim mittlerweile sechsten Album?
Man entwickelt sich in seiner musikalischen Laufbahn mit jeder LP etwas weiter, nun haben wir all das auf einer Platte vereint. Es ist, ohne dabei direkt mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, das sozialkritischste Album, das wir gemacht haben. Dabei lassen wir das Thema Corona auch bewusst aus und fokussieren uns auf andere Dinge. Wir sind da vielleicht ein wenig egoistisch eingestellt, aber wir machen Musik so, wie sie uns gefällt. Wir achten nicht auf das, was andere von uns wollen und konzentrieren uns mehr darauf, was wir gut finden. Deswegen wird das Album Metal Einflüsse haben, sich aber weiterhin in der Pop Sphäre bewegen. Wenn ich es jetzt beschreiben müsste, würde ich sagen, es ist eine Mischung aus Biffy Clyro und das, was wir in den 80/90ern gehört haben. Wir haben an fünf Alben geübt und jetzt mit dem Sechsten wird alles zusammengeführt.

Wenn wir schon beim Thema „Was wir früher so gehört haben“ sind: Was sind deine musikalischen Einflüsse?
Jeder musikalische Einfluss ist limitiert. Bedeutet, es gibt immer wieder neue Phasen, die man durchlebt und die einen musikalisch neu begleiten und prägen. Mit elf war ich zum Beispiel von den Texten Hartmut Englers fasziniert.

Mittlerweile höre ich Abenteuerland und denke nur: Was für eine Drogenplatte“

Mein zweites Konzert war Toto in der Alsterdorfer Sporthalle. Meine Schwester hat mich da mit hingenommen und mir sozusagen immer wieder Anstöße auf meinem musikalischen Weg gegeben. Mit 25 hätte ich direkt gesagt, dass ich mal so groß werden will wie Radiohead. Mittlerweile würde ich jedes Radiohead-Konzert links liegen lassen, um noch einmal John Hopkins live zu sehen. Dann hab ich lange als DJ gearbeitet und auch die ersten Indie-Discos gemacht, da war der Sound von 2000-2010 musikalisch sehr prägend. Und Emo-Musik. Wenns um Live-Auftritte geht, gibt es für uns keine bessere Band als Holes. Natürlich würde ich auch gerne so mit Worten spielen können wie Dendemann oder Markus Wiebusch von Kettcar. Aber mittlerweile erlebt man, dass die Helden von damals auf einmal zu „Komplizen“ in diesem Haifischbecken aus Musik und Business werden.

Würdest du gerne ein Feature mit einem dieser Künstler machen?
In den 80ern hätte ich direkt mit Nena geantwortet, aber im Moment finde ich sie wieder uncool. Wenn es um den Coolness-Faktor geht, dann mit Marteria oder den Beatsteaks. Es wäre interessant, einmal mit Grönemeyer zusammen zu schreiben oder mit Farin Urlaub zu arbeiten.

Für welchen Track hättest du gerne ein Feature gemacht?
„Die Dunkelheit darf niemals siegen“ von Frittenbude zusammen mit Farin Urlaub. Der Song ist einer der besten, der in den letzten drei Jahren rausgekommen ist. Die bringen es auf den Punkt.

Was war die erste Platte, die in deinem Kinderzimmer lief?
Das war ein 80er-Sampler meiner Schwester. Da waren die NDW-Klassiker und Punk Songs drauf. Dann kam die Dangerous-Platte von Michael Jackson und bei dieser Mischung aus Michael Jackson, PUR und Nena wurde mir schnell klar, das ich besser beim Metal aufgehoben bin.

Wann und wo hast du dein erstes Album gekauft?
Auf Klassenfahrt in einem Lübecker Elektrofachgeschäft. Damals habe ich mein Taschengeld der Fahrt für die Liveplatte „In Utero“ von Nirvana ausgeben. Ich fand die damals auch nicht sonderlich gut, da brauchte ich noch zwei, drei Jahre, bis ich Kurt Cobain verstand.

Hast du Platten oder CDs gesammelt?
Die große CD-Sammelphase war zwischen 2001 bis 2010. Da waren CDs noch das große Ding. In meiner Hochphase hatte ich davon bestimmt so 2500. Mittlerweile ärgere ich mich tierisch, dass ich das Geld nicht in Vinyl investiert habe. Aktuell kaufe ich nur noch auf Konzerten Vinyl, um die Künstler:innen zu unterstützen.

Der beste Plattenladen, der existiert?
Früher war das auf jeden Fall „Music“ in Stade. Da habe ich Stunden verbracht, nur um mir neue Musik anzuhören. Manchmal war ich ganze Nachmittage dort, ohne mit einer Platte aus dem Laden zu gehen.

Deine Top 5 Lieblingsplatten?

01 Radiohead – In Rainbows (XL)

02 Jon Hopkins – Immunity (Domino)

03 Idles – Ultra Mono (Partisan)

04 A Perfect Circle ‎– Thirteenth Step (Virgin)

05 At the Drive – Relationship of Command (Virgin)

www.odeville.de
www.instagram.com/odeville

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