Dancemusik ist so vielfältig wie selten zuvor und der Boom scheint nicht abziehen zu wollen. Doch gerade die Newcomer haben es schwer, im Kampf um die großen Namen mitzuhalten, denn die Gagen explodieren weiter. Trotzdem heißt es für sie immer wieder „Mach doch mal den DJ!“, auch dann, wenn das Budget von vorne bis hinten nicht reicht. Wer ein erfolgreiches Set auf seiner Party hören möchte, der darf nicht davon ausgehen, dass mit dem Preis automatisch auch Qualität geliefert wird. Klar, ein paar gute Tracks machen schon mal die halbe Miete aus. Dann benötigt man da aber noch Feingefühl, Achtsamkeit und eine ordentliche Portion an Leidenschaft. Denn wenn wir mal ehrlich sind, bleiben uns doch eh nur die Musiker im Kopf, die in der Lage sind, uns neue Geschichten für unsere Tagebucheinträge zu liefern. Die, die uns auf der Tanzfläche in einen Trancezustand versetzen, damit wir wenigstens einen Moment mal unseren ganzen Scheiß vergessen können.
Fabian und Tobias aka Modular21 sind noch ein unbeschriebenes Blatt. In den Weiten des Internets lassen sich die ersten Spuren des DJ-Duos zurückverfolgen. Doch mit ihrem gemeinsamen musikalischen Debüt machen sie Bock auf mehr. Ihre EP „Brave New World“, die auf dem Berliner Techno-Label erschien, erzählt die Geschichte vom Verlieren und Wiederfinden: „Nachdem wir uns auf der Fahrt zu einem Job kennenlernten, verstanden wir uns auf Anhieb so gut, dass wir gute Freunde wurden. Kurze Zeit später trennten sich unsere Wege“. Vier Jahre liegen nun zwischen ihrer ersten Begegnung. Der Kontaktabbruch zog, fast schon auf schicksalhafte Weise, eine glückliche Wendung für die beiden Musiker mit sich: „Wir fanden uns auf der Tanzfläche eines Bochumer Clubs wieder und gründeten im Anschluss unser DJ-Duo-Projekt Modular21. Der Austausch über Musik schweißte uns mehr zusammen denn je.“
Und wenn wir dann wieder an dieses eine Set denken, dass uns all unsere kleinen Miesepeter-Gedanken wegbläst, dann doch bitte auch daran, welch krasser Austausch zwischen zwei Menschen stattfinden muss, damit am Ende ein stimmiges Produkt entsteht: „Fabians Expertise in Sachen Musikproduktion und meine musikalische Ausbildung hat uns von Anfang an super ergänzt. Hinzu kommt, dass wir nicht viele Wörter brauchen, um zu erkennen welchen Sound oder Melodie der andere im Kopf hat. Teilweise ist das schon fast gruselig“, meint Tobs.
Modular21 kommen aus Nordrhein-Westfalen, einem Bundesland mit einer langen Dance-Tradition, die sich noch auszuweiten scheint, da immer mehr Musiker das DJ sein für sich entdecken. „Ich fing mit der Produktion von Hip-Hop-Beats für lokale Rapper an. Danach entwickelte sich mein Sound in eine elektronische und repetitive Richtung. Techno hat einen besonders hohen Stellenwert in meinem Lebenslauf und brachte mich durch Zeiten, die ich ohne die Musik nicht so schnell weggesteckt hätte“, erklärt Fabian. Tobias Musikhistorie umfasst ein besonders vielseitiges musikalisches Spektrum und ergänzt das Projekt um seine Natürlichkeit: „Mit fünf schenkte mir meine Ersatzoma eine Heimorgel, zusätzlich probierte ich mich noch am Keyboard, etwas später kam das Klavier hinzu. Mit dreizehn spielte ich dann an der Kirchenorgel. Danach folgte die Gitarre, die ich mir nebenbei selbst beibrachte. Zum Auflegen kam ich ganz klischeehaft über Stufenpartys in der Oberstufenzeit“. Das Üben und die musikalische Vielfältigkeit zahlte sich aus, mit 18 legte er schon in der Tanzschule auf und finanzierte sich so das Studium. Vor zwei Jahren brachte ihn sein Weg zur elektronischen Musik, die er seither produziert.
Wenn sich Künstler finden und in miteinander verschmelzen, wächst nicht nur die Fähigkeit des Musizierens, sondern auch die Beziehung zueinander. Das Zusammenkommen von Stärken und Schwächen erweitert Blickwinkel und zeigt neue Möglichkeiten auf, die man ohneeinander vielleicht gar nicht erst in Betracht gezogen hätte. Inspiriert durch die Freundschaft, die festigt und neue Kräfte aufflammen lässt und auch der Seele immer wieder einen Grund zum Lächeln liefert: „Der Entstehungsprozess war für uns wie eine Art Therapie, mit der wir alles was mal zwischen uns stand, aufarbeiten und beseitigen konnten. Genau diese Emotion haben wir in den Track einfließen lassen“. Und egal, ob man nun Techno feiert oder nicht, die Verbindung zur Natur in ihrem neuen Werk gibt Grund genug, die Augen zu schließen und sich treiben zu lassen. „Die Tiergeräusche sind ein Symbol für diese neue Welt, in der wir leben möchten. Die Sounds schlummerten noch irgendwo auf einer Festplatte von Fabian und ziehen sich durch den gesamten Track“. So entstand eine der Off-Beat-HiHats aus dem Ruf eines Aras. Und jetzt, jetzt hör diesen Track, denke an den wunderschönen Papagei und beame dich an einen Ort, an dem du rundum happy bist.
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Autor:innen
Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.
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