Ich war schon immer faul, was das Thema Nachhaltigkeit angeht, und habe mir nie große Gedanken darüber gemacht. Meine Kippen schmeiße ich auf den Boden, wenn kein Aschenbecher in unmittelbarer Nähe ist. Plastik landet auch mal im Biomüll, wenn der Eimer zu vollgestopft ist. Meine Tampons werfe ich ins Klo, weil ich es eklig finde, sie in den Mülleimer zu schmeißen. Ich dusche viel zu lange, weil das Wasser ja sowieso da ist. Wenn ich mal Fleisch kaufe, achte ich nicht darauf, dass es aus einer artgerechten Tierhaltung stammt. Alle paar Wochen schleiche ich mich zu McDonald’s und schlinge mehrere Cheesburger runter. Ich fliege im Inland, obwohl ich ja auch die Bahn nehmen könnte.

Dass ich mit meiner schieren Faulheit und Ignoranz daran beteiligt bin, wie wir unseren Planeten zugrunde richten, ist nicht an mir vorbeigegangen. Ich muss mich ändern. Bisher machte ich lediglich kleine Fortschritte, wie meine Konsumgeilheit an den Nagel zu hängen. Neue Dinge zu kaufen bereitet mir keine Freude mehr. Damals half mir der unkontrollierte Erwerb von neuen Dingen durch meine depressiven Phasen und gab mir das Gefühl einer Belohnung. Bis vor 1,5 Jahren lebte ich diesen Lebensstil mit Stolz aus. Heute trage ich überwiegend gebrauchte Klamotten, die ich im «Umsonstladen» bei mir um die Ecke finde. Ein soziales Projekt, das auf gegenseitiger Hilfe beruht, bei dem Menschen nützliche Dinge abgeben und mitnehmen können, ohne dass sie dabei Geld bezahlen oder Dinge direkt gegeneinander tauschen müssen. Als ich das Konzept damals für mich entdeckte, war ich total begeistert und fing direkt an, dort zu arbeiten –  worunter schlimmstenfalls die Wirtschaft leidet und meine Familie, die sich dann doch ab und zu mal für mich schämt. Dabei ist ein Teil meiner Familie doch so öko-orientiert. Das Gemüse wird im Garten angepflanzt, der Müll streng getrennt, weggeschmissen wird nur das, was nicht wiederverwendet werden kann, und die Essenreste werden an die Vögel verteilt.

Bis vor einigen Monaten war mir das ganze Thema noch schnurzpiepegal. Bis jetzt. Ich möchte ein besserer Mensch werden und mir nicht nur ein gutes Gewissen erkaufen, indem ich stolz mit Bio-Produkten prahle. Viel mehr möchte ich Organisationen und Läden unterstützen, die ihre Produkte aus der Region beziehen. Der erste Schritt in diese Richtung lag darin, den Supermärkten den Rücken zuzudrehen – bzw. diese nur im äußersten Notfall aufzusuchen – und meine Lebensmittel bei einem kleinen Gemüsehändler in der Nachbarschaft zu besorgen. Meine Ernährung besteht nun hauptsächlich aus veganen Lebensmitteln; doch nicht weil ich es cool finde, sondern weil es mir besser schmeckt. Ich besitze kein Auto, nicht mal einen Führerschein. Kleine Strecken fahre ich mit dem Fahrrad, für größere nutze ich die Öffis. Und weil mir meine Umwelt nicht mehr egal ist, sammle ich meine Zigaretten vom Boden auf und nehme auch mal Plastik von Orten mit, wo dieses nicht hingehört. Ich habe keinen konsequenten Plan den ich dabei verfolge. Um mehr Bewusstsein für dieses sensible Thema zu erhalten, habe ich mich mit Ronny aka Mollono.Bass unterhalten. Er weiß, wie das Leben nicht nur grüner, sondern auch schöner wird.

Hi Ronny! Wie lief das bei dir in der Kindheit ab, wurdest du umweltbewusst erzogen?
Ich bin in der DDR, im ehemaligen Ostdeutschland, aufgewachsen. Ich würde nicht sagen, dass die Gesellschaft damals “öko” war – aber es gab ein paar Aspekte, die  tatsächlich nachhaltiger waren als heute. Gewissermaßen ungewollt, denn der eigentliche Grund dafür war eine ständige Versorgungsknappheit. Alles war sehr regional und kommunal organisiert. Milch, Eier, Gemüse und Obst: Alles kam aus der Region. Nichts wurde hunderte oder gar tausende Kilometer transportiert. Klar, deswegen hatten wir keine Südfrüchte, und wie oft ich als Kind Bananen gesehen habe, das kann ich an einer Hand abzählen. Trotzdem haben wir es nicht wirklich vermisst. Wir hatten einen kleinen Garten, in dem wir viel Gemüse und Obst selbst angebaut haben. Auch für den Winter, Kartoffeln zum Beispiel. Und was wir zuviel hatten, das konnten wir an den Gemüseladen im Ort verkaufen. Auch die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) nutzte praktisch nur regionale Ressourcen. Das gab mir in meiner Erziehung schon ein paar nachhaltige Impulse. Zuletzt möchte ich noch erwähnen, dass meine Mutter im Sommer einen Campingplatz in Mecklenburg betrieben hat und dass ich von daher in einer sehr natürlichen Umgebung aufgewachsen bin. Ich denke, das hat meine Beziehung zur Umwelt auch sehr geprägt: Sie ist Lebensgrundlage und Lebensraum für uns Menschen.

Wie wichtig ist dir persönlich nachhaltiges Handeln?
Ein nachhaltiger Lebensstil ist mir sehr wichtig. Es ist halt immer wieder ein Kampf mit dem Ego: Man hat heutzutage so viele Möglichkeiten, kann sich soviel Zeug anschaffen, kann jeden Tag auf zig Ebenen konsumieren. Aber diesen Verlockungen muss man widerstehen, wenn man einen nachhaltigeren Lebensstil anstrebt. Das ist ein wichtiger Punkt: Letztendlich muss jede und jeder einzelne sich einschränken, wir müssen grundsätzlich deutlich weniger konsumieren als bisher. Das gelingt mir zwar nicht immer, aber ich orientiere mich immer wieder daran.

Mittlerweile hast du selbst Kinder, sprecht ihr mit ihnen über das Thema Nachhaltigkeit?
Meine Tochter ist 7 und mein Sohn 10 Jahre alt. Ich versuche den beiden ein ähnliches Verständnis von unserer Natur zu vermitteln, wie ich es damals erfahren habe. Ich versuche ihnen schon jetzt zu zeigen, was in dieser vom Kapitalismus gesteuerten Welt auf dem Rücken von Mutter Erde ausgetragen wird. Und wie wichtig es ist, dass wir das ändern. Meine Kinder gehen in eine Waldorfschule. Dort lernen sie einerseits einen sehr praktischen, konkreten Umgang mit ihrer natürlichen Umgebung. Und andererseits verfolgt diese Schule viele Prinzipien der Nachhaltigkeit, zum Beispiel in ihrer regionalen Schulküche.

Was müsste unsere Generation ändern, um eine Umwelt zu erschaffen, die den Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht?
Unsere Generation müsste aufhören, eine steigende Konjunktur und andere wirtschaftliche Interessen als höchsten Maßstab zu nutzen. Sonst hinterlassen wir unseren Kindern wirklich nur noch einen Scherbenhaufen. Das sieht man ja gerade in der aktuellen Krise: Einerseits wurde von vielen Seiten angemerkt, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt wäre, um endlich einen neuen Kurs zu setzen, endlich eine nachhaltigere Gesellschaft zu gründen. Aber was wir stattdessen sehen sind nur Debatten über Kredite und Wirtschafts-Förderungen, um den Laden wieder zum Laufen zu bringen. Zurück zur Normalität – das aber genau darin ein großes, großes Problem liegt, das wird von Tag zu Tag wieder vergessen!

Warum ist es so wichtig, dass gerade die Eventbranche nachhaltiger wird?
Jede Branche muss nachhaltiger werden – nicht nur die Eventbranche. Eine Besonderheit der Eventbranche ist allerdings, dass sie eine gewisse Vorbildfunktion haben kann. Wenn Menschen auf einem Event eine tolle Zeit haben und gleichzeitig sehen und merken: „Es geht auch anders!“ – dann kann dies tatsächlich in den Alltag hineinwirken. Konkret möchte ich an dieser Stelle von unserem 3000Grad Festival erzählen und was wir in Sachen Nachhaltigkeit tun: Wir verzichten auf Einwegbecher und Einweggeschirr. Wir trennen unseren Müll, vor den Kulissen und dahinter. Wir arbeiten mit möglichst vielen regionalen Unternehmen zusammen, bevorzugt mit nachhaltigen Unternehmen. Wir versuchen bei der Deko und den Bühnen-Designs keine Materialschlacht anzuzetteln und mit Elementen zu arbeiten, die sich buchstäblich schön wiederverwenden lassen. Wir setzen uns für eine möglichst umweltfreundliche Anreise unserer Gäste ein, z.B. mit der Bahn, dem Bus oder sogar dem Fahrrad. Und wir sensibilisieren unsere Gäste für das Thema Nachhaltigkeit. Insbesondere beim Camping und bei all den Gimmicks, die heutzutage gerne mitgebracht werden, stellen wir die Frage: Braucht ihr das wirklich, um gemeinsam eine gute Zeit zu haben? Es freut uns zu sehen, dass dieser Ansatz Früchte trägt. Unsere Campingflächen sind am Montag sehr aufgeräumt und sauber. In den letzten Jahren wurde kaum noch Plastik-Konfetti durch die Gegend geschmissen.

5 nachhaltige Dinge im Leben eines jeden Menschen, die wirklich etwas bewirken?

1 – Weniger Fleisch und Tierprodukte konsumieren.

2 – Den eigenen Alltagskonsum kritisch hinterfragen: Brauche ich das wirklich? Das neue Festival-Outfit, das neue Telefon, den neuen Kopfhörer? Und wenn es wirklich sein muss: Gibt es das vielleicht auch gebraucht zu kaufen? Das gleiche gilt für Lebensmittel: Man sollte sich öfter fragen, ob man exotische Produkte oder Tierprodukte wirklich braucht.

3 – Bewusst reisen, insbesondere was Flüge angeht. Dass es Flugtickets für 20 Euro gibt, mit denen Leute für ein Konzert in ein anderes Land oder für eine Woche an einen Strand in die Tropen fliegen – das ist ein großes Umweltproblem. Aber auch im Alltag sollte man sich so oft wie möglich fürs Fahrrad, den Bus oder die Bahn entscheiden, auch wenn es etwas weniger angenehm ist als das eigene Auto.

4 – Wasser sparen. Zum Beispiel beim Duschen das Wasser sammeln, das aus dem Hahn kommt bevor es warm wird. Das kann man z.B. zum gießen von Pflanzen verwenden. Wenn möglich Regenwasser sammeln. Nur volle Maschinen waschen. Wasserknappheit ist ein sehr ernstes Thema.

5 – Projekte finanziell oder durch Mitarbeit unterstützen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Es gibt so viele Projekte, die ganz konkret was für die Umwelt tun, z.B. Bäume pflanzen.

 

www.mollonobass.de
www.3000-festival.de

 

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Magste? Dann check doch mal das hier:
MOLLONO.BASS – Eine Reise durch Stilrichtungen und Klangfarben

 

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

One Comment on “MOLLONO.BASS zeigt mir, wie ich ein besserer Mensch werden kann”

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