Monika Jia Rui Scherers (26) Kunst strotzt nur so vor Harmonie – mit ihren Fotos zeigt sie, wie Menschen ihre Liebe zueinander ausdrücken, indem sie sich küssen, umarmen und liebkosen. Sie hat (Selbst-)Portraits, Texte, Fotobücher und Zines gemacht, und oft geht es in ihren Arbeiten um Intimität, Gender, Kultur, Identität und das Hinterfragen starrer binärer Konstruktionen. Für die Fotoreihe „lovers“ hat sie nackte Menschen in intimen Augenblicken fotografiert. Dafür shootete die deutsch-singapurische Fotografin unter anderem in Zürich, Winterthur, Leipzig, Korsika und im Berner Oberland.

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DIEVERPEILTE: Hallo Moni, ich habe mich gefragt, wie du zu dieser Reihe gekommen bist.
Monika Jia Rui Scherer: Kurz zuvor hatte ich mich durch Aktfotos dem Körper angenähert. Aber irgendwann wurde mir das zu langweilig. Ich hatte den Eindruck, dass bei einem einzelnen Körper die Schönheit viel mehr im Fokus ist, während ich mich bei zwei oder mehr Personen auf die Berührungen und Interaktionen konzentrieren kann.

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Was bedeutet Intimität für dich?
Das kann für mich sehr vieles bedeuten. Zum Beispiel emotional oder körperlich, sexuell oder auch nicht. Das alles muss auch nicht immer miteinander verbunden sein.

Um welche Form von Intimität ging es in diesem Projekt?
Darin ging es um die sichtbare körperliche, nicht-sexuelle Intimität.

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War es schwierig, Leute für diese Serie zu finden?
Nein, überhaupt nicht. Die Reihe entwickelte sich eher organisch und war zuerst gar nicht als solche geplant. Dadurch, dass ich das Interesse daran verloren hatte, Einzelpersonen zu fotografieren, fragte ich Freund:innen oder Freund:innen von Freund:innen, ob sie sich mit jemandem fotografieren lassen möchten. Da viele schon vertraut mit meiner Arbeit waren, war glücklicherweise auch schon ein gewisses Grundvertrauen da.

Hat sich die Beziehung zu deinem eigenen Körper durch diese Reihe verändert?
Nein, eigentlich nicht. Beim Fotografieren gerate ich in einen Modus, in dem ich mehr analytisch das Geschehen und Licht vor mir beobachte. In diesen Momenten trenne ich mich auf eine gewisse Art von meinem eigenen Körper. Bei diesem Projekt war das jedoch nicht so. Vielleicht, weil es sich dabei eher um „harmlose“ körperliche Interaktionen handelte. Vielleicht bin ich mittlerweile auch einfach nur abgestumpft (lacht). Ich glaube, als Fotografin sehe ich nackte Körper auf dieselbe Art an, wie Ärzt:innen ihre Patient:innen betrachten. Sobald ich mich im Arbeitsflow befinde, konzentriere ich mich auf das Bild. Nacktheit ist dadurch etwas Normales für mich geworden. Es gab jedoch Projekte, wie zum Beispiel „queer lieben“, bei denen ich anders empfand.

Was war anders?
Bei „lovers“ spielte die Ästhetik eine größere Rolle. Ich versuchte auch die Umgebung ins Bild einzubauen. Es wurde viel draußen fotografiert. Die Körper teils in der Natur eingebettet. Während ich bei „queer lieben“ eher dokumentarisch vorging, wodurch ich einen viel intimeren Bezug zu den Menschen, die ich ablichtete, herstellen konnte.

Eine letzte Frage: Was hat dich „lovers“ gelehrt?
Wie unglaublich schön Zuneigung ist und wie wenig Geschlecht und Sexualität darin eine Rolle spielen.

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Alle Fotografien © Monika Jia Rui Scherer „lovers“ 2019 bis 09/2021

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

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