Ich war schon immer mehr Stadtkind als Dorfkind, obwohl ich den größten Teil meiner Jugend auf dem Land verbrachte. Ich war also ständig von Natur umgeben. Feld, Wald, Wiesen und Kanal haben mir Raum für eine gewisse Romantik und Fantasie gelassen, die ich gebraucht habe, um meiner Realität zu entfliehen. Einer Realität, in der ich meine Einsamkeit und mein Unwohlsein nicht verstanden habe. Ich versuchte, meine innere Leere mit materiellen Dingen und Komplimenten zu füllen. Das Stadtkind in mir war zwar selbstbewusst genug, Schönheitsideale nicht nahe genug an sich heranzulassen, doch ganz ausblenden konnte ich sie dann doch nicht. Weshalb ich mich für manche Stellen an meinem Körper schämte.

Erst als ich anfing, meine Schwächen anzunehmen, und beschloss, meinem eigenen Erleben und Verhalten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, konnte ich mich selbst endlich besser verstehen und akzeptieren. Ich hörte auf, mich von Fernsehen und Werbung beeinflussen zu lassen, und bildete mir mein eigenes Schönheitsideal. Natürlich gibt es trotzdem weiterhin Stellen an mir, die ich weniger mag, aber es ist leichter geworden, sie zu akzeptieren, weshalb ich heute mit Stolz sagen kann, dass ich mich so liebe, wie ich bin.

Nicht immer easy! Denn gefangen in der eigenen Gedankenwelt zu sein, bedeutet auch, dass ich mir nicht immer bewusst darüber bin, dass es da draußen auch noch andere gibt, die mit Unsicherheit zu kämpfen haben. Mit einem Story Post wollte ich herausfinden, wie meine Abonnenten über ihren Körper denken. Auf die von mir gestellte Frage „Bist du zufrieden mit deinem Körper?“ reagierten insgesamt 65 Prozent mit „Ja“, der Rest gab zu, unzufrieden zu sein. Knapp 100 Personen vertrauten mir dabei ihre intimsten Gedanken an. 

Alle sind authentisch, zerbrechlich und trotzdem stark. Und gerade weil sie über ihre Komplexe sprechen, sind sie für mich umso schöner. Jeder hat manchmal Schwierigkeiten damit, sich so zu akzeptieren, wie man eben ist. Innerlich und äußerlich. Ehrlich zu sein, ist toll, denn hier baut sich ein Gefühl des Zusammenhaltes auf, das uns im Leben manchmal fehlt. 

Zu Ehren dieser mutigen Menschen findest du hier eine Auflistung von Zitaten, die ich von einigen meiner Leser erhielt. 

 

photo by marielourier

Kathi scaled„Meistens ist es mein Hüftspeck, der mir zu schaffen macht. Ist aber total tagesformabhängig. Manchmal bin ich ganz zufrieden. Ich habe mich schon deutlich gebessert, denn ich hatte mal eine fiese Essstörung inklusive ständigem Kalorienzählen und schlechtem Gewissen bei jedem Stückchen Schoki. Durch Reisen und Therapie bin ich das losgeworden. Aber die schlechten Gedanken lassen mich nie ganz los.“ – Kathi (29)

My Post 4 Kopie„Davon abgesehen, dass ich mag, dass ich relativ groß bin, bin ich halt relativ unempfänglich für Schönheitsideale, deswegen kann ich mich halt auch ganz gut akzeptieren, ohne irgendwie durchtrainiert zu sein.“ – Marcel (27)

My Post 6 1
„Ich hasse meine Oberschenkel. Jedes Mal, wenn ich meine Hosen ausziehe, kommen gefühlt mehr Dehnungsstreifen dazu. Heute könnte ich mir die Schenkel vom Knochen reißen, morgen bin ich so fein damit, dass ich die Veränderung akzeptieren kann. Dennoch bemerke ich immer wieder, dass ich sehr auf dieses Skinnygirl-0815-Aussehen reinfalle und lieber knochig als curvy wäre. Ich konnte mich bisher leider noch nicht vom klassischen Schönheitsideal lösen.“ – Karolina (25)

Jules

„Ich mag meinen Oberkörper bzw. die Schulterpartie. Ansonsten mein rechtes Bein. Es ist sehr vernarbt und ein Zeh fehlt durch einen schweren Motorradunfall. Das erinnert mich bei jedem Blick daran, wie wertvoll und kostbar unser Leben ist und das die Schönheit im Unschönen liegt.“ – Jules (29)

My Post 3 1
„Ich persönlich finde meinen Körper unförmig, woran man zwar arbeiten kann, aber da gibt es ja noch den inneren Schweinehund. Was ich allerdings wirklich gar nicht mag sind meine Brüste. Von der Größe, von der Form, Elastizität – aber es gibt natürlich auch Aspekte, die ich sehr schätze. Zum Beispiel habe ich eine sehr offensichtliche Zahnlücke die mich auszeichnet und ein Wiedererkennungsmerkmal ist und ich nicht missen möchte.“ – Angelina (30)

My Post 4 Kopie 2„Ich habe ein schlechtes Bindegewebe und an manchen Stellen sieht man das extrem. Zum Beispiel an Oberschenkeln und Oberarmen. Sichtbare Cellulitis und hängende Haut. Sport hilft da auch nicht so wirklich. Andererseits denke ich, dass es echt größere Probleme auf der Welt gibt, das versuche ich mir auch immer bewusst zu machen. Aber wenn man mich fragt, ob ich zufrieden bin mit meinem Körper, kann ich das leider nicht sagen.“– Lina (36)

My Post 6 3„Ich treibe zu wenig Sport und fühle mich deshalb unfit.“ – Jonas (21)

My Post 4 Kopie 5
„Mögen tu ich alles an meinem Körper, aber am liebsten mag ich meine Stimme.“ – Ariana (20)

My Post 5 1„Ich bin ein Vorstadt-Lauch, der sich keine Zeit für den Muskelaufbau nimmt und sich lieber mit Projekten zuschüttet. Ich hab eigentlich nichts gegen meinen Körper, sondern etwas gegen die Mentalität, nicht einfach mal damit anzufangen, meinen Körper zu trainieren. Der Fakt, dass ich keine Lebenszeit im Fitnessstudio verschwenden will, ist einfach lächerlich, da mach ich mir tatsächlich lieber den Rücken als muskelloser Kameramann kaputt, als einfach meine Mentalität zu überkommen und anzufangen, mich fit zu halten.“ – Tom (21)

My Post 4 Kopie 4„Ich mag meine Größe nicht. In unserer Gesellschaft ist es einfach so verankert, dass die Frau kleiner sein sollte als der Mann und nicht umgekehrt. Was mit 1,84 Meter nicht so einfach ist. Natürlich gibt es deutlich schlimmere Dinge, und ich weiß auch, dass es größere Typen gibt. Trotzdem stört es mich manchmal.“ – Svea (21)

My Post 4 Kopie 3„Mmh ich mag ihn nicht, er ist mir relativ egal. So lange ich gesund bin und mit gesund meine ich auch fit. Mir geht es eher um ein Gefühl als um das Aussehen.“ – Robin (29)

 

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

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