Warnung: Dieser Text ersetzt keinen Frauenarztbesuch.

Im Film Sofias Lovelife gibt es eine besonders ärgerliche Szene: Sofia trifft sich mit einem Mann, um mit diesem intim zu werden und sitzt am nächsten Tag schmerzverzerrt auf dem Klo, um zu realisieren, dass sich ihre Harnblase nun doch nicht entleeren möchte. Dabei denkt sie darüber nach, wie sie ihren künftigen Partnern vermitteln könnte, dass sie besonders anfällig für Blasenentzündungen ist. Nachdem sie mühsam einen Tropfen ausgestoßen hat und sich auf einen weiteren Besuch bei ihrer Frauenärztin einstellt, kommt sie zu dem Entschluss, dass es ihr nicht peinlich sein muss, vorab über ihre Schwäche zu reden und dass auch ihr Partner darüber Bescheid wissen sollte, was er tun kann, damit sie künftig keine Schmerzen hat. Sofia kontaktiert die Künstlerin @hannfriedart, die ihr ein Plakat mit Hygienetipps erstellt. Diese Tipps möchte Sofia euch nun vorstellen.

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„Nach dem Sex und vor dem Sex – Händewaschen nicht vergessen!“

Auf die Frage, ob sie sich die Hände gewaschen haben, antworteten fast alle Männer, mit denen ich gerade intim werden wollte, mit einem Nein. Danach schickte ich die, bei denen ich mich traute, das Thema anzusprechen, ins Badezimmer. Alle hatten Verständnis und kamen mit – den für meine Vulvagesundheit so wichtigen – sauberen Händen wieder zurück. Wieso das so unangenehm für mich ist? Sex fühlt sich wie eine magische Welt an, in der Keime nicht existieren. Es kann daher ziemlich unromantisch und unpraktisch werden, wenn man den/die Partner:in darum bittet, seiner/ihrer Körperhygiene nachzugehen, bevor man sich die Zunge in den Hals steckt. Doch auch wenn in den meisten Fällen nicht wirklich etwas Schlimmes passiert, weil die Vagina selbstreinigend ist, kann es passieren, dass Penetration mit Fremdkörpern den pH-Wert der Scheide aus dem Gleichgewicht bringt. Und dann haben Bakterien und Keime richtig Spaß.

Mal unter uns… du hast dich auch schon vorm Händewaschen gedrückt, oder? Und ich? Klar habe ich das. Ich hasse es, romantische Situationen für scheinbar sinnlose Dinge wie Körperhygiene zu unterbrechen. Aber noch mehr hasse ich eine brennende Vulva, also los. Lass mal Händewaschen üben:

1. Steh auf, nimm deine:n zauberhafte:n Partner:in an die Hand und bitte sie/ihn, dich ins Badezimmer zu begleiten. Dort angekommen haltet ihr eure Hände unter das fließende Wasser.

2. Seift euch richtig schön ein, bis alles blitzt. Dazu gehört:

  • Handinnenflächen
  • Handrücken
  • Fingerspitzen
  • Fingerzwischenräume
  • Daumen
  • Fingernägel
  • Handgelenke

3. Reiben… das kennst du bestimmt. Weißt du, was man sehr gut reiben kann? Hände, und zwar mit Seife.

4. Seife sieht zwar schön aus, ist aber auch nicht gut für unsere Scheidenflora. Also wieder ab unter das fließende Wasser und weg damit.

5. Trocknet euch dann die Hände gründlich ab – vergesst dabei nicht die Räume zwischen den Fingern. Das ist wichtig, weil: In einer feuchten Umgebung können sich Mikroorganismen besonders gut vermehren und dann könnte das romantische Abenteuer für deine:n Partner:in ebenfalls heulend auf Toilette enden.

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Die Intimdusche bei der Vulva – eine natürliche Angelegenheit

Manchmal kam es echt vor, dass das Duschen sich nicht sauber anfühlte, wenn ich versucht habe, das Duschgeld wegzulassen. Im Gespräch mit meiner Frauenärztin, die mich darüber aufklärte, wie ich einer Blasenentzündung vorbeugen könnte, wurde mir klar, dass ich meine Flora mit jeder seifigen Dusche angreifbar mache. Doch die Angst vor Schmutz zwischen meinen Beinen führte dazu, dass ich mich jedes Mal noch gründlicher einseifte. Weitere Aufklärung vermittelte mir die Industrie: Aus der Werbung erfuhr ich, dass diese sensible Region auf jeden Fall ein eigenes Waschgel benötigt und meine Slipeinlagen dafür sorgen, dass ich auch noch nach einem schweißtreibenden Tag wie eine Blume aus dem Höschen rieche. Also kaufte ich mir all den unnützen Kram, der für mehr Sauberkeit sorgen sollte. Was mir das alles brachte? Den Drang nach mehr Hygiene. Zum Glück ist meine Gynäkologin hartnäckig geblieben: „Lass das Duschgel im Intimbereich weg!“, sagte sie, als ich zum wiederholten Mal mit einer Harnwegsinfektion bei ihr auftauchte. Ich befolgte ihren Rat und seither geht es meiner Vulva besser.

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Die Intimdusche beim Penis – eine gründliche Angelegenheit

Während wir Frauen also mit zahlreichen Produkten in den Regalen der Drogeriemärkte verwirrt werden, die einzig und allein der Intimzone Schaden zufügen, sieht es in der Männerabteilung ein bisschen anders aus. Nämlich ganz schön mau. Hast du schon mal was von Smegma gehört? Das ist das weiße Zeug, das sich zwischen Eichel und Vorhaut bildet, allerdings nur in ihrer äußerlichen Erscheinung. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus abgestorbenen Hautzellen, Sperma- und Urinresten. Klingt nicht so romantisch, ist es auch nicht. Die helle Masse bereitet nicht nur einen unangenehmen Geruch – es bilden sich auch Bakterien, die bei mir schnell zu Entzündungen führen können. Die Bildung von Smegma ist jedoch ganz normal und nichts, wofür man sich schämen sollte. Trotzdem ist es wichtig, es zu entfernen, bevor man miteinander intim wird. Genauso wie bei uns Frauen* braucht es dafür nicht mehr als sauberes Wasser.

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Cool, noch mehr Tipps?

Auch wenn ich mich selbst nicht immer daran halte: Benutzt Kondome. Glaub mir, jede:r hasst Kondome, aber sie helfen uns dabei, uns vor Infektionen zu schützen. Wenn dich dein:e Partner:in also das nächste Mal fragt, worauf du stehst, dann sag doch einfach „auf Kondome“. Fühlt sich das gut an? Geht. Ist das GEIL für deine Scheidenflora? JA! Was macht dich mehr an: Sex ohne Kondom oder der Gedanke, morgen schmerzfrei auf Toilette zu sitzen?

Klar, all diese Dinge sind keine Garantie dafür, dass du nie wieder eine Blasenentzündung bekommen wirst. Vor allem, weil unsere Flora nicht mal unbedingt aufgrund der fremden Bakterien zu brennen anfängt, sondern aufgrund unserer eigenen Scheidenbakterien, die durch mechanische Bewegungen in die Harnröhre gelangen – was man auch Flitterwochen-Zystitis nennt. Deswegen solltest du oder deine Freundin nach dem Sex unbedingt die Toilette aufsuchen, ob du musst oder nicht. Dafür hast du 15 Minuten Zeit. Warum? Weil wir in diesem Zeitraum Bakterien ausspülen können, bevor sie sich in unserer Blase festsetzen.

Probier’s aus.

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Illustrationen: Hanna Frieda Bauer

Poster „Was tun gegen Blasenentzündung“
Wenn du Bock auf Friedas Plakat hast, sende uns eine E-Mail. Wir vermitteln dich gerne an unsere Illustratorin, die die Postervorlage für diesen Beitrag erstellt hat. Preis auf Anfrage.

Dieser Text erschien zuerst auf DIEVERPEILTE.

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

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