Wenn es eine Sache gibt, die Menschen aus allen Kulturen zusammenbringt, dann ein gutes Schnäppchen. Und genau ein solches Schnäppchen lässt sich beim hippen, regelmäßig stattfindenden Nachtflohmarkt im Kölner Veranstaltungs- und Kulturzentrum Odonien finden. Der dortige Trödelverkauf punktet nicht nur mir fresher Kleidung und Co, sondern auch mit Live-Musik, einer einzigartigen Location, Schlemmereien und weiteren Unterhaltungsmöglichkeiten. Kein Wunder, dass die Veranstaltung entspannte Leute aus allen Schichten anlockt, die ihre Vintage-Schätzchen an den Mann bringen wollen und auch selbst auf der Suche nach hübschem Plunder sind.

Ich war beim Flohmarkt und habe die Veranstalter gefragt, wie es ist, einen eigenen Trödelmarkt zu starten – und warum.

Seit wann gibt es den Bazar de Nuit?
Carina: Uns gibt es seit 2015.

Habt ihr nicht genug Klamotten im Schrank oder wie kommt man dazu, einen eigenen Flohmarkt zu gründen?
Carina: 
Wir waren damals noch in der Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann/-frau und da war es eben Pflicht, eine eigene Veranstaltung zu planen und im Anschluss durchzuführen. Also was haben wir gemacht? Wir dachten uns, dass ein Nachtflohmarkt für den guten Zweck eine gute Idee wäre und veranstalteten 2015 unser erstes Event. Das hat uns so viel Spaß gemacht, dass wir das Projekt weiter machten. Bis heute.
Nadine: Es war nicht so, dass wir danach suchten. Der Flohmarkt ist uns mehr oder weniger über den Weg gelaufen.

Was heißt denn für den guten Zweck?
Carina: 
Alle Erlöse, die wir einnehmen, landen immer bei einem guten Zweck. Mal regional, mal Übersee. Wir sprechen darüber mit vielen Leuten, und wenn es passt, unterstützen wir sie bei ihren Herzensprojekten. Ab und an machen wir uns aber auch mal selbst auf die Suche nach schönen Initiativen und Vereinen aus Köln.

Was sind denn schöne Initiativen für euch?
Carina: Zum Beispiel Institutionen wie die DKMS, das Tierheim Köln-Dellbrück, Cap Anamur, Viva con Agua und noch paar mehr. Und dann natürlich noch das Odonien.

Das ist ja ziemlich nett von euch. Aber was habt ihr eigentlich davon?
Carina:
Wir haben die Möglichkeit, unsere berufliche Leidenschaft mit Verantwortung und Kreativität vereinen und ausleben zu können. Zusätzlich können wir anderen Menschen helfen! Über die Jahre wurde der Bazar ein krasser Teil von uns, ohne den wir es uns unser Leben gar nicht mehr vorstellen könnten. Was die persönlichen Entwicklungen angeht, gehen wir in der Aufgabe alle sehr auf.
Nadine: Es macht einfach wahnsinnig Spaß, ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen, in dem man seine Ideen und Vorstellungen umsetzen und ausprobieren kann – sein eigener Chef zu sein. Für mich ist die größte Belohnung, zu sehen, wie viele Menschen sich für den Bazar begeistern. Gerade dann, wenn es um die Freunde und die Familie geht.

Wie lief dieses Jahr für euch ab, hat euch Corona sehr übel mitgespielt?
Carina: Ach ja, Corona. Die Veranstaltungsbranche zog hier auf jeden Fall den Kürzeren. Also hieß es am Anfang erst mal abwarten und Ruhe bewahren. Tägliches Nachrichten lesen und die Verordnungen für Großveranstaltungen und Märkte im Blick behalten. Wir setzten uns dann eine Deadline für den ersten Termin – an dem wir eine Entscheidung fällen mussten für das Jahr 2020.

Der wäre?
Carina: Das war der 19. April.

Worum ging es da?
Carina: Wir mussten den Entschluss fassen, die bereits geplante Veranstaltung abzusagen – was uns alles andere als leicht fiel. Aber wir wussten eben auch, dass es das einzig Richtige ist.

Und dann?
Carina: 
Wir setzten uns zusammen, um den Juni-Termin zu brainstormen. Wir wollten herausfinden, ob nicht noch irgendetwas anderes geht – in einer anderen Form. Da wir das Odonien – das btw unser zweites Zuhause ist – unterstützen wollten, kamen wir auf die Idee, ein Auktionsformat umzusetzen.
Nadine: Uns war es vor allem wichtig, Präsenz zu zeigen. Wir wollten den Kontakt zu unseren Ausstellern und Besuchern nicht verlieren. Corona bewegte viele Unternehmen dazu, andere Denkansätze zu wählen, und da wollten wir auch mit dabei sein. Mit dem neuen Format zählen wir zu einem der ersten Flohmärkte, die wieder an den Start gegangen sind – Ziel erreicht!

Und wie ging dann euer 2020 weiter?
Carina: Wir starteten super ins Jahr und nutzten die positive Energie um uns herum, die wir im Anschluss in etwas Neues umsetzten. Für uns als Team – nach jahrelanger, intensiver und auch nervenaufreibender Zusammenarbeit – war das ein echt schönes Gefühl, dass uns als Team noch mehr zusammenschweißte.

Wer steckt denn nun eigentlich genau dahinter?
Carina: Unser Kernteam besteht aus Nadine, Fabian und mir. Im Verein haben wir noch 21 weitere Helfer. Nadine und Fabian sind Ur-Kölner, die sich schon aus Schultagen kennen. Ich lernte die beiden in der Berufsschule kennen. Eines kann man gewiss sagen: Wir alle sind Veranstalter aus Leidenschaft. Studieren nebenbei und sind eigentlich immer busy – außer zu Corona-Zeiten (lacht).
Nadine: Für mich steckt dahinter in erster Linie eine besondere Freundschaft. Eine Freundschaft, die schon oft auf die Probe gestellt wurde, die aber auch an dem gemeinsamen Projekt wuchs.

Und die inoffiziellen Bazar-Family-Mitglieder?
Carina:
Auf dem Papier sind wir 21 Leute, wobei sich unser Bezugskreis schon auf 40 Menschen beläuft. Das sind Leute, die immer mal wieder partizipieren oder unterstützen. Hauptsächlich Freunde und Familie, sowie einige Arbeitskollegen. Wir haben ja auch noch normale Jobs (lacht)!

Und wieso gerade ein Nachtflohmarkt?
Carina:
2015 war die Flohmarktkultur noch nicht so ausgeprägt, wie sie es heute ist – behaupten wir jetzt einfach mal. Das Format „Nachtflohmarkt“ gab es bereits nur noch nicht im Odonien. Daher haben wir es einfach mal probiert. Unsere Veranstaltung läuft zwar hauptsächlich tagsüber ab, trotzdem nennen wir uns Nachtflohmarkt. Aus dem einfachen Grund: Bei uns muss man nicht, wie bei normalen Flohmärkten schon um 5 oder 6 Uhr morgens zum Aufbau erscheinen. Im Gegenteil, wir beginnen ganz entspannt zwischen 13 und 14 Uhr und dann wird bis 23 Uhr getrödelt!
Nadine: Ich persönlich lebe den Gedanken, dass gebrauchte Gegenstände nicht weggeschmissen werden sollten. Viel schöner ist es, wenn sie einen neuen Besitzer finden. Aus diesem Grund halte ich es für sehr wichtig, dass hierfür neue Möglichkeiten geboten werden.

Und wie oft lasst ihr es trödeln?
Carina: In der Regel veranstalten wir drei Flohmärkte im Jahr. Unsere Saison ist von April bis September.

Im Odonien! Wie kam das eigentlich zustande?
Carina: War ganz easy. Einfach angeschrieben und dann lernten wir Anke kennen.
Nadine: Ach, bisschen Glück war da schon auch mit bei (lacht)!

Ihr sagtet, dass das Odonien euer Zuhause ist. Kann ich gut nachvollziehen, ich habe mich dort auch immer sehr wohlgefühlt. Aber jemand, der noch nie vor Ort war, würde bestimmt gerne wissen, was denn das Besondere an dieser Kulisse für Events wie diese ist. Also?
Carina: Das Odonien – eine Location, die es in dieser Form kein zweites Mal gibt – zieht an sich schon super viele Menschen an, die von dem Platz fasziniert sind.

Und dann gibt es ja noch das Unterhaltungsprogramm. Durch eure Arbeit haben Newcomer die Chance, entdeckt zu werden. Wie fing das an?
Carina: Wir setzten uns dafür ein, einen Henna- und Batik-Workshop anbieten zu können. Um das umzusetzen, mussten wir erstmal ein paar Freunde finden, die das Handwerk beherrschen. Um die Materialen etc. kümmerten wir uns, sodass wir das Programm nur noch anbieten mussten. Da wir ja die komplette Verantwortung für den Markt haben, war es uns nicht möglich, die Workshops im Auge zu behalten, daher brauchten wir Leute, die das leiten. Das kam zum Glück so gut an, dass wir im Nachhinein ziemlich viele Anfragen von Festivals und anderen Veranstaltern erhielten, die den Workshop auch gerne mal bei sich hätten.

Das klingt ja ziemlich nice! Und wie stets um die Musiker?
Carina:
Das lief ähnlich ab. Durch ihre Gigs bei uns, erhielten sie die Möglichkeit, ihr Netzwerk zu erweitern oder überhaupt erst mal auf einer Bühne stehen zu können, um Erfahrungen zu sammeln. Und das vor fast 1.500 Besuchern.

Puh, das klingt schon ganz schön stressig. Wie viel Arbeit steckt wirklich dahinter?
Carina: Es ist schon ein Vollzeit-Hobby. Wir sind fast täglich in Kontakt und treffen uns wöchentlich.
Nadine: Viel mehr, als die meisten denken würden …

Letzte Frage: Was geht in Zukunft?
Carina:
Erst mal geht es so weiter wie gehabt, vielleicht öffnen sich durch das „on-stage“-Konzept noch ein paar neue Türen, die wir nutzen können. Wir sind auf jeden Fall gespannt.
Nadine: Wir haben noch viele Ideen, die wir, wenn wir wieder richtig loslegen können, umsetzen möchten.

Nächster Shopping-Termin: 20. September

https://www.youtube.com/watch?v=vPKrkquoBHY

 

Und hier geht’s zu den Pics! 

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Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.

2 Comments on “Wir sind der Bazar de Nuit: Nachtshopping im Odonien”

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