„Ich geh schnell auf die Toilette“, „Bin gleich wieder da“, „Sorry, da war so ne lange Schlange“ oder „Das hat schon davor so gestunken“ – nein, verdammt! Ich will mir für meinen Schiss keine bescheuerten Ausreden mehr ausdenken müssen! Mein Arsch brennt wie Hölle und ich muss mir jetzt einfach mal die Seele aus dem Leib scheißen! Wir können uns über die intimsten Dinge austauschen, die schlimmsten Krankheiten. Aber mal ehrlich, sobald es ums Kacken geht, werden alle still. Meiner besten Freundin Jules ist mein Stuhlgang nicht egal. Wir reden offen über unsere Verdauung, weil uns unsere Gesundheit wichtig ist. Bei einem Spaziergang letzte Woche hatte ich kein Problem damit, ihr davon zu erzählen, dass mein Arsch brennt. Kein Thema. Sie war sogar dankbar, dass ich meine Verdauungsprobleme angesprochen habe. Ich meine, Jules kennt das, schließlich ist sie auch ein Mensch. Nach unserem Gespräch fühlten wir uns richtig gut und fragten uns gleichzeitig, warum man sich nicht öfter darüber unterhält. Wir sind uns sicher, dass wir nicht die Einzigen sind, die stolz über der Kloschüssel hängen, um die zuvor ausgepresste Wurst zu betrachten. Warum seid ihr also so verklemmt, wenn es ums Scheißen geht?
DIEVERPEILTE: Du wolltest ja, dass wir mal übers Kacken reden. Warst du denn heute schon?
Jules: Danke der Nachfrage, leider werde ich viel zu selten danach gefragt. Heute war ich schon, aber es war kein richtiger Haufen, also auch keine große Erleichterung für mich. Das liegt daran, dass ich im Moment in den Bergen lebe. Die Höhe, das Essen und der viele Alkohol haben einen großen Einfluss auf meinen Kot. Aus diesem Grund fällt er nicht so regelmäßig aus, wie ich es mir wünschen würde.
Wie oft wäre das denn?
Im Idealfall geht man dreimal am Tag auf Klo, wobei dreimal die Woche auch noch normal ist. Ist ja auch logisch, immerhin sollte man jede Mahlzeit, die man aufnimmt, auch wieder ausscheiden. Wenn die Nahrungsreste jedoch im Körper bleiben, kommt es zum Kotbauch. Allein die Vorstellung daran macht mich kirre zu wissen, dass sich unverarbeitete Lebensmittel in meinem Bauch lagern und gären. Die sich daraus bildenden Gase führen dazu, dass man furzen muss. Ich finde, das ist eklig, nicht Kacke per se.
Welche Farbe hat dein Stuhlgang heute und was sagt das über ihn aus?
Gerade hat er eine sehr dunkle Farbe und ist recht hart. Das bedeutet, dass ich zu wenig Flüssigkeit zu mir genommen habe. Außerdem habe ich gestern Alkohol getrunken.
Sieht deine Scheiße auch so eklig aus, wenn du getrunken hast?
Klar! Alkohol wirkt dehydrierend, weil der Körper davon abgehalten wird, Wasser zu resorbieren, da man ständig die Flüssigkeit durch häufiges Pinkeln verliert. Dadurch wird der Stuhl härter und man kriegt Blähungen und Verstopfung.
Woran erkennst du eine gesunde Verdauung?
An den verschiedenen Brauntönen von hell bis dunkel, nicht zu fest und eher wurstförmig. Er sollte nicht zu streng riechen und leicht rausflutschen. Am gesündesten ist es, wenn man sich in der früh nach dem Aufstehen erleichtert.
Warum?
Weil man da alles verdaut hat und sich von der Last befreien kann.
Und woran erkennt man das noch?
Wenn man z. B. viele Ballaststoffe isst, was bei Vegetariern der Fall ist, ist der Stuhlgang im Normalfall angenehm weich. Bei Fleischessern ist er oft sehr dunkel, was aber kein Grund zur Panik sein sollte.

Welche Lebensmittel führen bei dir besonders zu Verstopfung?
Käse, fettiges Essen, schlechte Kohlenhydrate und Süßes! Aber auch zu wenig Bewegung fördert Verdauungsstörungen und vor allem Stress oder Reisen. Auch das plötzliche Eintreten eines neuen Rhythmus im Alltag, was im Urlaub oft der Fall ist, wie etwa Zeitumstellung oder Klimaveränderungen, macht sich im Darm bemerkbar.
Findest du das auch so peinlich, dass manche Leute rot werden, sobald das Thema Kacken hochkommt?
Ja, aber besonders schlimm finde ich es, wenn man auf frischer Tat ertappt wird, nachdem man gerade kacken war … Ich verstehe nicht, warum man das immer kaschieren muss. Ich wäre für eine Entwertung des Themas. Wäre es nicht viel cooler, wenn wir einfach neutral damit umgehen würden?
Wieso ist das eigentlich nicht so?
In unserer europäischen Kultur sind alle Ausscheidungen des Körpers tabu und werden als eklig wahrgenommen, egal ob es ums schwitzen, rülpsen oder rotzen geht. Dabei handelt es sich um normale bis sehr gesunde Funktionen unseres Körpers. Ganz logisch ist dabei, dass der Körper alles Unbrauchbare loswerden möchte – ergo umso gesünder du dich ernährst, umso angenehmer deine Exkremente.
Warst du schon immer so offen mit dem Thema?
Nein! Ich habe mich noch nie wohl damit gefühlt, darüber zu sprechen. Eben weil das für mich wirklich DAS Thema ist. Vor allem bin ich eine Person, die Durchfall bekommt, sobald ich aufgeregt bin. Frag mal meine Mitbewohnerin, wie das war, bevor ich auf ein Date gegangen bin. Wie oft ich dann kurz vor dem Treffen auf dem Klo hockte und meinen Darm erst mal komplett entleeren musste.
Immer wenn du zu mir kommst, verschwindest du eine Zeit lang auf dem Klo. Wie vertreibst du dir eigentlich die Zeit in meinem Bad?
Wenn ich in WGs bin, gibt es eh viel zu entdecken. Da wären z. B. die Sticker und Plakate an den Wänden oder ich mache die Schränke und Schubladen auf und stöbere rum. Meistens gehe ich ohne Handy oder Buch auf Toilette, weil ich mich aufs Scheißen konzentrieren muss. Jedes Mal, wenn ich groß war, bedanke ich mich für das Geschäft.
Wie könnte man das Tabuthema Kacken deiner Meinung nach enttabuisieren?
Aufklärung ist das A und O! In diesem Fall auch dann, wenn die Leute mehr über ihre Ernährung und den Zusammenhang ihrer Ausscheidungen erfahren möchten – erst dann verstehen sie, wie wichtig das Thema ist. Ich finde, man sollte nicht „wie gehts dir“ fragen, sondern lieber „warst du heute schon auf dem Klo?“, denn da erfährt man wenigstens, ob es der Person wirklich gut geht.
Jeder Mensch hat ja so eine Kackstory, die man niemandem erzählen möchte. Was ist deine?
Ich arbeite gerade in den Bergen und wir haben Kühe. Im Stall gibt es keine Toilette, weswegen es für mich jeden Tag auf der Arbeit eine Tortur ist, auf Klo zu gehen. Aktuell haben wir mindestens 40 cm Neuschnee und bis zu minus 6 Grad, weswegen es alles andere als leicht ist, ein stilles Örtchen zu finden. Eines, wo niemand meine Spuren sehen kann und ich mir zusätzlich nicht den Arsch abfrieren muss. Jedenfalls war ich mit den Kühen alleine im Stahl und musste groß. Da habe ich mir gedacht, Moment mal, die Kühe kacken ja auch den ganzen Tag in ihrer Box. Also bin ich zu einer Kuh rein und habe mein Geschäft verrichtet. Ein bisschen Stroh darauf gestreut und die Spur war verwischt.
Ist dir das eigentlich peinlich, dass wir hier beide mit heruntergelassener Hose zu sehen sind?
Ja, klar. Das ist auch ein Sinnbild für Entblößung – ich zeige dir mein Inneres. Aber eins ist es auf alle Fälle, die pure Erleichterung (lacht).
Danke für das offene Gespräch, mein Schatz. Kuss auf den Po!
[Po bedankt sich mit einem Pups]
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Autor:innen
Ist in Nürnberg aufgewachsen, brach erfolgreich drei Studiengänge ab und entdeckte ihre Leidenschaft für den Journalismus durch ein Praktikum in einer Musikredaktion. 2019 gründete sie das DIEVERPEILTE-Magazin. Themenschwerpunkte sind Mental Health, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit, Sexualität und Drogen.